Bundesgerichtshof Entscheidungen

Ausübung einer Grunddienstbarkeit gegen Zahlung eines vereinbarten Entgelts - V ZR 44/19 -


Der unter anderem für das Immobilienrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im März 2021 folgende Entscheidung verkündet:

BGB § 1018, § 874 Satz 1

Die Befugnis zur Ausübung der Dienstbarkeit kann mit dinglicher Wirkung unter die Bedingung der Zahlung eines Entgelts gestellt werden. Eine solche Bedingung muss - anders als eine den Bestand des Rechts betreffende Bedingung - nicht in das Grundbuch selbst eingetragen werden; es genügt die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Fortführung von Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2020 - V ZB 51/20, ZfIR 2021, 32).


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Oberlandesgerichts München - 8. Zivilsenat - vom 16. Januar 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen


Sachverhalt (Tatbestand):

1 Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Hotel bebauten Grundstücks in M. Die Errichtung des Hotels 1957 durch die damalige Eigentümerin löste einen Stellplatzbedarf von zuletzt 129 Stellplätzen aus, von denen 99 abgelöst wurden; die übrigen Stellplätze sollten auf dem Nachbargrundstück errichtet werden. Die Beklagten sind die Miteigentümer des Nachbargrundstücks. Darauf lastet eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Hotelgrundstücks. In der 1981 erfolgten Eintragung in das Grundbuch wird die Grunddienstbarkeit als Kraftfahrzeugeinstellrecht bezeichnet. In der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung vom 22. November 1979 heißt es in Ziffer 6 u.a.:

„a) Der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes ist berechtigt, auf dem dienenden Grundbesitz 30 - dreißig - Kraftfahrzeuge einzustellen und zu diesem Zweck die vorhandenen Zufahrten zu benutzen.

b) …

Der Käufer bewilligt und beantragt die Eintragung der bestellten Grunddienstbarkeit im Grundbuch Zug um Zug mit der Eintragung der Auflassung.

Für die Einräumung des Rechts zu Buchst. a) hat der Berechtigte eine angemessene und ortsübliche Nutzungsgebühr zu entrichten. Hierfür hat der Verkäufer zu sorgen und einzustehen.“


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2 In den Jahren 1982 bis 1984 wurde auf dem dienenden Grundstück ein Bauwerk mit Tiefgarage errichtet. Die früheren Eigentümer des herrschenden Grundstücks nahmen die Dienstbarkeit nicht in Anspruch. Erstmals die Klägerin, die bei dem Erwerb des Grundstücks 2010 keine schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsgebühr übernommen hatte, machte das Kraftfahrzeugeinstellrecht gegenüber den Beklagten geltend. Sie verlangt eine unentgeltliche Nutzung; die Beklagten meinen, die Nutzung nur gegen Zahlung eines Entgelts dulden zu müssen.


3 Das Landgericht hat die Klage auf Duldung der Einstellung von 30 Kraftfahrzeugen und der Benutzung der Zu- und Abfahrten auf dem Grundstück der Beklagten abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Duldungsantrag weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.


Entscheidungsgründe:

I.

4 Das Berufungsgericht verneint eine Duldungspflicht der Beklagten, weil die Ausübung der Grunddienstbarkeit durch die Zahlung einer angemessenen Nutzungsgebühr bedingt und die Bedingung nicht eingetreten sei. Aus dem Grundbuch und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, aber auch aus der Handhabung der Grunddienstbarkeit durch die jeweiligen Grundstückseigentümer ergebe sich für einen unbefangenen Betrachter, dass die Entrichtung einer Nutzungsgebühr nicht Bedingung für die Bestellung der Grunddienstbarkeit, sondern für deren Ausübung sein solle. Dieses Verständnis werde von dem Wortlaut gedeckt. Auch das Verhalten der Beteiligten nach der Bestellung der Grunddienstbarkeit spreche dafür, dass die Entrichtung einer Nutzungsgebühr nur bei einer konkreten Inanspruchnahme der Stellplätze gewollt gewesen sei. Denn eine konkrete Nutzungsvereinbarung sei 1979 und auch später nicht getroffen worden. Alle Beteiligten hätten die wirksame Entstehung der Grunddienstbarkeit und deren Entgeltlichkeit nicht in Zweifel gezogen. Bis 2012 sei weder eine unentgeltliche Einstellung von Kraftfahrzeugen noch eine Nutzungsgebühr verlangt worden. Die in der Ausübung durch die Gewährung eines Entgelts bedingte Grunddienstbarkeit sei wirksam unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung in das Grundbuch eingetragen und in dieser Form erworben worden.


II.

5 Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung kann eine Pflicht der Beklagten, infolge der Grunddienstbarkeit das unentgeltliche Einstellen von 30 Kraftfahrzeugen auf ihrem Grundstück durch die Klägerin bzw. durch die von dieser ermächtigten Personen zu dulden (§ 1004 Abs. 2, § 1018 BGB), nicht verneint werden.


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6 1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass die Ausübung der Dienstbarkeit von der Zahlung eines Nutzungsentgelts abhängig gemacht werden kann.

7 a) In der Vereinbarung über die Bestellung einer Dienstbarkeit können weitere Regelungen getroffen werden. Das gilt insbesondere für die Abrede über eine Gegenleistung des Berechtigten (Senat, Urteil vom 20. September 1974 - V ZR 44/73, NJW 1974, 2123), die auch als ein laufendes, nach bestimmten Zeitabschnitten zu entrichtenden Entgelt vereinbart werden kann (Senat, Urteil vom 10. Mai 1968 - V ZR 221/64, WM 1968, 775; Urteil vom 27. Juni 2014 - V ZR 51/13, NJW-RR 2014, 1423 Rn. 13). Eine Verpflichtung des Dienstbarkeitsberechtigten zur Zahlung eines Entgelts kann aber nicht Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein (vgl. Senat, Beschluss vom 7. April 2011 - V ZR 201/10, juris Rn. 4 mwN; BayObLGZ 1979, 278). Eine Möglichkeit zur dinglichen Sicherung einer solchen Gegenleistungspflicht ist die Eintragung einer Reallast (§ 1105 BGB) oder einer Rentenschuld (§ 1199 BGB) auf dem herrschenden Grundstück (vgl. OLG Karlsruhe, DNotZ 1968, 432, 433; MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl., § 1018 Rn. 7; kleine Holthaus/Keiser, ZfIR 2009, 396, 397).


8 b) Ob die Ausübung der Dienstbarkeit auch mit dinglicher Wirkung unter die Bedingung der Zahlung eines Nutzungsentgeltes gestellt werden kann, ist allerdings umstritten.

9 aa) Die überwiegende Ansicht nimmt an, die Ausübung der Grunddienstbarkeit könne unter die Bedingung gestellt werden, dass der Berechtigte eine Gegenleistung erbringe mit der Folge, dass bei Nichteintritt der Bedingung das dingliche Recht nicht durchsetzbar sei (vgl. OLG Karlsruhe, DNotZ 1968, 432, 433 f.; OLG Frankfurt, Rpfleger 1974, 430; Bauer/Schaub/Bayer/Lieder, GBO, 4. Aufl., AT C Rn. 337, 475; Herrler in Beck Notar-Hdb, 7. Aufl., § 7 Rn. 31; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 1160; Dehner, Nachbarrecht [September 2013], B § 30 III 7; BeckOGK/Reymann, BGB [1.11.2020], § 158 Rn. 120; BeckOK BGB/Reischl [1.2.2021], § 1018 Rn. 47; Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., Vor § 1018 Rn. 9, § 1093 Rn. 4; MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl., § 158 Rn. 26; MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl., § 1018 Rn. 7, 69; Staudinger/Reymann, BGB [2017], § 1093 Rn. 14; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1018 Rn. 14; Amann, DNotZ 1982, 396, 405; kleine Holthaus/Keiser, ZfIR 2009, 396, 399; so wohl auch Dammertz, MittRhNotK 1970, 73, 88). Davon ist auch der Bundesgerichtshof in einer älteren Entscheidung ausgegangen (Urteil vom 27. April 1970 - III ZR 226/68, BGHZ 54, 10, 18).


10 bb) Ein Teil des Schrifttums lehnt das mit der Begründung ab, die Bedingung für die Ausübung der Dienstbarkeit sei nichts anderes als die Bedingung des Rechts selbst. Die Rechtsausübung sei nicht Inhalt, sondern Auswirkung eines Rechts, und bestimme sich deshalb nach seinem Inhalt. Werde die Rechtsausübung rechtsgeschäftlich mit dinglicher Wirkung beschränkt, bedeute dies eine Beschränkung des Rechts selbst. Damit werde der Inhalt des dinglichen Rechts unzulässig an das Schuldrecht geknüpft (vgl. NK-BGB/Otto, 4. Aufl., § 1018 Rn. 102 und § 1093 Rn. 14; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 107 Fn. 3; Ripfel, DNotZ 1968, 404, 406; kritisch auch Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1018 Rn. 40).


11 cc) Der Senat hält die zuerst genannte Auffassung für zutreffend. Die Befugnis zur Ausübung der Dienstbarkeit kann mit dinglicher Wirkung unter die Bedingung der Zahlung eines Entgelts gestellt werden. Wenn, was allgemein anerkannt ist, die Grunddienstbarkeit in ihrem Bestand von der Erbringung der schuldrechtlichen Gegenleistung abhängig sein kann (vgl.NK-BGB/Otto, 4. Aufl., § 1018 Rn. 102; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1018 Rn. 14; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1018 Rn. 40; kleine Holthaus/Keiser, ZfIR 2009, 396, 398), gilt das erst recht für die geringere Beschränkung der Ausübungsmöglichkeit des Rechts. Das Abstraktionsprinzip verbietet eine solche Verknüpfung zwischen der Ausübung der Dienstbarkeit und der Obliegenheit zur Zahlung eines Entgelts nicht (Umkehrschluss aus § 925 Abs. 2 BGB). Es besteht auch ein anerkennenswertes praktisches Bedürfnis dafür, eine Dienstbarkeit inhaltlich so beschränken zu können, dass die Zahlung eines Entgelts Bedingung für ihre Ausübung ist. Auf diese Weise wird dem Eigentümer die Möglichkeit eingeräumt, bei Nichtzahlung des Entgelts die Ausübung der Dienstbarkeit zu unterbinden, ohne dass die Dienstbarkeit in ihrem dinglichen Bestand zu Fall kommt. Die Entgeltpflicht selbst wird durch die Vereinbarung einer solchen Bedingung aber nicht verdinglicht. Sie bleibt Obliegenheit zur Ausübung des Rechts.


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12 2. Die Bedingung der Zahlung eines Entgelts für die Ausübung der Dienstbarkeit muss nach zutreffender Ansicht des Berufungsgerichts nicht in das Grundbuch selbst eingetragen werden. Es genügt - anders als für eine den Bestand des Rechts betreffende Bedingung (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2020 - V ZB 51/20, ZfIR 2021, 32 Rn. 20) - die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (so auch OLG Karlsruhe, DNotZ 1968, 432, 434; Bauer/Schaub/Weber, GBO, 4. Aufl., § 44 Rn. 46; Schöner/Stöber, Grundbuch- recht, 16. Aufl., Rn. 1160; Dehner, Nachbarrecht [Oktober 2020], B § 30 III 7; BeckOGK/Reymann, BGB [1.11.2020], § 158 Rn. 120; BeckOGK/Kazele, BGB [1.2.2021], § 1093 Rn. 59.3; Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., § 1093 Rn. 4; NK- BGB/Otto, 4. Aufl., § 1093 Rn. 13; Palandt/Herrler, BGB, 80. Aufl., § 874 Rn. 5; Staudinger/C. Heinze, BGB [2018], § 874 Rn. 21). Die gegenteilige Ansicht (OLG Frankfurt, Rpfleger 1974, 430 f.; MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl., § 1018 Rn. 69; kleine Holthaus/Keiser, ZfIR 2009, 396, 399) trifft nicht zu. Aus dem Grundbuch selbst muss nur der wesentliche Inhalt des Rechts ersichtlich sein. Wegen der weiteren inhaltlichen Ausgestaltung des Rechts kann auf die Eintragungsbewilligung gemäß § 874 Satz 1 BGB Bezug genommen werden (vgl. Senat, Urteil vom 29. September 2006 - V ZR 25/06, WM 2006, 2226 Rn. 13). Um eine solche inhaltliche Ausgestaltung des Rechts handelt es sich bei der Obliegenheit zur Zahlung eines Entgelts für die Ausübung des Rechts.


13 3. Die Auslegung der Grunddienstbarkeit durch das Berufungsgericht hält jedoch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es stellt maßgeblich auf die Handhabung der Dienstbarkeit durch die Beteiligten sowie auf deren Vorstellung und inneren Willen ab. Diese Umstände sind jedoch für die Auslegung des Inhalts eines im Grundbuch eingetragenen Rechts unbeachtlich. Zur Ermittlung des Inhalts einer Dienstbarkeit ist vielmehr vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der nach § 874 BGB in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (st. Rspr. vgl. nur Senat, Urteil vom 12. Juli 2019 - V ZR 288/17, NJW-RR 2020, 77 Rn. 6 mwN). Um für jedermann ohne weiteres erkennbare Umstände handelt es sich bei der Handhabung der Dienstbarkeit durch die Beteiligten sowie deren Vorstellung und innerer Willen nicht.


14 4. Der Senat kann die Grundbucheintragung selbst auslegen (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Januar 2019 - V ZB 81/18, NJW-RR 2019, 914 Rn. 14 mwN). Bei nächstliegender Betrachtung ergibt sich aus der in der Grundbucheintragung in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung vom 22. November 1979, dass die Ausübung des Kraftfahrzeugeinstellrechts nicht mit dinglicher Wirkung von der Bedingung der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht, sondern die Entgeltpflicht nur schuldrechtlich vereinbart worden ist. Die schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsentgelts hat die Klägerin nicht übernommen.

15 a) Soll die Ausübung der Grunddienstbarkeit von der Zahlung einer Nutzungsgebühr abhängig sein, muss das in der Grundbucheintragung deutlich zum Ausdruck kommen. Die Vereinbarung einer Entgeltzahlung für die Ausübung der Dienstbarkeit ist nämlich auf zwei Wegen möglich. Die Entgeltpflicht kann zum einen als Bedingung für die Ausübung der Dienstbarkeit vereinbart werden, die zu einer inhaltlichen Beschränkung des Rechts führt. Sie kann zum anderen als rein schuldrechtliche Pflicht des Vertragspartners begründet werden.


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16 b) Die zuletzt genannte schuldrechtliche Lösung ist hier gewählt worden.

Die Eintragungsbewilligung vom 22. November 1979 ist nächstliegend dahin auszulegen, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsgebühr nicht als Inhalt der Dienstbarkeit vereinbart worden ist.

17 aa) Der Wortlaut der Eintragungsbewilligung, wonach der Berechtigte eine angemessene und ortsübliche Nutzungsgebühr „für die Einräumung des Rechts“ zu entrichten hat, ist nicht eindeutig. Ihm kann nur entnommen werden, dass für die Gewährung der Nutzungsmöglichkeit eine Nutzungsgebühr gezahlt werden soll.


18 bb) Die Systematik der Regelung in Ziffer 6 der Eintragungsbewilligung spricht gegen eine Bedingung und für eine nur schuldrechtlich wirkende Vereinbarung. Unter Buchstabe a) wird der Inhalt der Grunddienstbarkeit beschrieben, wonach der Eigentümer des herrschenden Grundstücks berechtigt ist, dreißig Kraftfahrzeuge einzustellen und zu diesem Zweck die vorhandenen Zufahrten zu benutzen. Es folgt - im Anschluss an eine hier nicht interessierende Unterlassungsverpflichtung des Käufers - die Bewilligung und Beantragung der Eintragung der Grunddienstbarkeit in das Grundbuch. Diese den Vollzug der Eintragung betreffenden Erklärungen beziehen sich nach der systematischen Stellung auf das unter Buchstabe a) beschriebene dingliche Recht und beenden die dazu getroffenen dinglichen Regelungen. Erst im Anschluss daran und in einem gesonderten Absatz folgt die Vereinbarung über die Entrichtung einer angemessenen Nutzungsgebühr. Diese kann sich schon wegen ihrer systematischen Stellung nicht auf den unter Buchstabe a) beschriebenen Inhalt der Grunddienstbarkeit beziehen.


19 cc) Auch die weitere Regelung in Ziffer 6 der Eintragungsbewilligung, wonach „der Verkäufer“ für die Entrichtung der Nutzungsgebühr „zu sorgen und einzustehen“ hat, spricht bei nächstliegender Auslegung dagegen, dass der Inhalt der Dienstbarkeit so beschränkt worden ist, dass die Zahlung eines Entgelts Bedingung für ihre Ausübung ist. Die Vereinbarung der Verpflichtung des Verkäufers, für die Entrichtung der Nutzungsgebühr zu sorgen und einzustehen, soll die Zahlung an den Eigentümer des dienenden Grundstücks sicherstellen. Der Regelung hätte es nicht bedurft, wenn bereits der Inhalt der Dienstbarkeit beschränkt worden wäre. „Sorgen“ für die Entrichtung der Nutzungsgebühr kann der Verkäufer im Fall eines Weiterverkaufs des herrschenden Grundstücks nur, indem er die Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsentgelts schuldrechtlich an den Käufer weitergibt und auch diesem eine Weitergabeverpflichtung auferlegt. Dass, wie die Beklagten meinen, der damalige Verkäufer des dienenden Grundstücks eine Ausfallhaftung übernommen habe, die neben die Obliegenheit des jeweiligen Dienstbarkeitsberechtigten zur Entgeltzahlung treten solle, ist nicht als nächstliegend anzusehen. Denn es erschließt sich nicht, warum der Verkäufer eine dauerhafte und unbeschränkte Einstandspflicht übernommen haben sollte, wenn schon die Ausübung der Dienstbarkeit von der Zahlung des Entgelts abhängig, dieses also im praktischen Ergebnis gesichert war.


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III.

20 Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Das Kraftfahrzeugeinstellrecht ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt.

21 1. Die Verwirkung eines Anspruchs aus einem dinglichen Recht, das der Verjährung nicht unterliegt (§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB), kann nur in Ausnahmefällen angenommen werden (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183 Rn. 9 f. zu § 1004 Abs. 1 BGB; NK-BGB/Otto, 4. Aufl., § 1018 Rn. 117). Der Rechtsverkehr kann darauf vertrauen, dass ein im Grundbuch eingetragenes Recht fortbesteht. Die Verwirkung einer Grunddienstbarkeit kommt deshalb allenfalls aufgrund des Verhaltens des aktuell dinglich Berechtigten und nur im Verhältnis zu ihm in Betracht. Andernfalls würde der Grundbuchinhalt entwertet.

22 2. Danach sind die Voraussetzungen der Verwirkung nicht gegeben. In der Person der Klägerin fehlt es schon an dem erforderlichen Zeitmoment. Sie ist erst seit 2010 Eigentümerin des herrschenden Grundstücks und hat das Recht aus der Dienstbarkeit bereits 2012 gegenüber den Beklagten geltend gemacht.


IV.

23 Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben (§ 562 Abs.1 ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Grunddienstbarkeit infolge der Errichtung des Bauwerks mit Tiefgarage auf dem Grundstück der Beklagten gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB erloschen ist. Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hierzu weist der Senat auf Folgendes hin:

24 1. Zunächst ist festzustellen, ob das Kraftfahrzeugeinstellrecht auf dem Grundstück der Beklagten auch außerhalb des vorhandenen Bauwerks ausgeübt werden kann, ohne den Rahmen einer schonenden Rechtsausübung zu überschreiten (§§ 1020, 1090 Abs. 2 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 164/07, NJW 2008, 3703, 3704, Urteil vom 23. Januar 2015 - V ZR 184/14, WM 2015, 1432 Rn. 9 mwN).


25 2. Sollten der Klägerin keine ausreichenden Flächen auf dem Grundstück der Beklagten zum Einstellen von Fahrzeugen zur Verfügung stehen, hätte das nicht zwingend zur Folge, dass das auf dem Grundstück der Beklagten errichtete Bauwerk eine Anlage darstellt, durch die die Dienstbarkeit beeinträchtigt wird (§ 1028 Abs. 1 BGB). In Betracht kommt vielmehr, dass sich das Einstellrecht nunmehr auf die Tiefgarage bezieht.


26 a) Die Tiefgarage als solche ist nach dem objektiven Inhalt der Grunddienstbarkeit keine störende Anlage im Sinne des § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Dienstbarkeit berechtigt ihrem Wortlaut nach dazu, 30 Kraftfahrzeuge auf dem dienenden Grundstück einzustellen. Ein Ausübungsbereich des Rechts ist, was möglich gewesen wäre (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 16. Februar 1984 - V ZB 8/83, BGHZ 90, 181, 183; Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 22/15, WM 2016, 1089 Rn. 36), nicht als Inhalt der Grunddienstbarkeit festgelegt worden. Ihr Ausübungsbereich erstreckt sich deshalb auf das ganze Grundstück und damit auch auf die Tiefgarage. „Eingestellt“ werden können Fahrzeuge bei nächstliegendem Verständnis des Begriffs nämlich sowohl oberirdisch als auch unterirdisch in einer Tiefgarage.


27 b) Allerdings könnte die Ausübung der Dienstbarkeit in der Vergangenheit dadurch beeinträchtigt gewesen sein, dass die Tiefgarage mit einer Zugangsbeschränkung - z.B. einem Tor, einer Schranke oder einer ähnlichen Vorrichtung - versehen ist, wie es üblicherweise der Fall ist. Gibt es ein solches Zugangshindernis, konnte der Dienstbarkeitsberechtige Kraftfahrzeuge nicht ohne Mitwirkung des Eigentümers des dienenden Grundstücks in die Tiefgarage einstellen. War nicht gewährleistet, dass der Dienstbarkeitsberechtigte die Zugangsbeschränkung überwinden und von seinem Einstellrecht Gebrauch machen konnte, ging und geht von der Tiefgarage eine Beeinträchtigung der Dienstbarkeit aus, die, wenn sie 30 Jahre oder länger angedauert haben sollte, zum Erlöschen der Dienstbarkeit geführt hat (§ 1028 Abs. 1 BGB; vgl. zur Frist und zum Tor als störende Anlage Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 13 und 16).


BGH, Urteil vom 19. März 2021

- V ZR 44/19 -


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