Bundesgerichtshof Entscheidung

Zum Mindeststandard der Elektrik einer nicht modernisierten Altbauwohnung - VIII ZR 281/03 -


Im Juli 2004 hat der für das Wohnraummietrecht zuständige 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass der Mieter einer nicht modernisierten Altbauwohnung mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung jedenfalls einen Mindeststandard erwarten kann, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht und den Einsatz der für die Haushaltsführung allgemein üblichen elektrischen Geräte erlaubt.


Als wirksam bestätigt wurde vom BGH folgender Teil eines vorinstanzlichen Urteils:

"Die Beklagte wird verurteilt, in der Wohnung Z. straße , Vorderhaus, 2. Obergeschoß links, in B. eine Steckdose im Badezimmer nach DIN-VDE mit Fehlerstromschutzschalter zu installieren sowie die Stromversorgung der Wohnung so zu verändern, dass neben dem Betrieb eines Großverbrauchers wie Wasch- oder Geschirrspülmaschine ein gleichzeitiger weiterer Stromverbrauchmöglich ist."


Die Mieter hatten von der Vorgängerin der Vermieterin mit Mietvertrag vom 5. Juni 1998 eine in einem Altbau gelegene 3-Zimmer-Wohnung in Berlin gemietet. In dem Übergabeprotokoll vom 2. Juli 1998 heißt es unter anderem:

"Die Räume werden wie gesehen übergeben."

Die monatliche Kaltmiete der 109,01 qm großen Wohnung betrug anfangs 872,08 DM zuzüglich Nebenkosten. Sie erhöht sich jährlich gemäß einer getroffenen Staffelmietvereinbarung.

Mit ihrer Klage haben die Mieter von der Vermieterin die Beseitigung verschiedener von ihnen behaupteter Unzulänglichkeiten der Wohnung sowie Instandsetzung verlangt und unter Berufung auf mehrere Sachverständigengutachten, die in einem von ihnen angestrengten selbständigen Beweisverfahren eingeholt wurden, unter anderem begehrt, die gesamte elektrische Anlage entsprechend den einschlägigen DIN-Normen instand zu setzen sowie Knarrgeräusche am Parkett der Wohnung zu beseitigen.


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Hierzu führte der BGH in seiner Entscheidung u.a. aus (wird verkürzt dargestellt):

Der Antrag der Mieter ist zwar seinem Wortlaut nach nicht darauf gerichtet, die Elektroinstallation in der angemieteten Wohnung dem heutigen Stand der Technik anzupassen. Denn DIN-Normen können die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben, aber auch hinter diesen zurückbleiben (BGHZ 139, 16, 20). Aus dem Sachvortrag der Mieter ist jedoch zu entnehmen, dass ihr Begehren darauf abzielt, eine Instandsetzung der gesamten elektrischen Anlage entsprechend dem heutigen Stand der Technik zu erreichen.


Zu einer solchen Maßnahme ist die Vermieterin nicht verpflichtet. Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Kommt er diesen Verpflichtungen nicht nach, hat der Mieter einen entsprechenden Erfüllungsanspruch.

Das setzt jedoch voraus, dass die Ausstattung der Wohnung hinter dem nach dem Vertrag vereinbarten oder vorausgesetzten Gebrauch zurückbleibt.


Die Parteien haben nicht vertraglich festgelegt, dass die Elektroanlage der angemieteten Wohnung einem bestimmten Standard, etwa dem zur Zeit des Vertragsschlusses geltenden Stand der Technik und den dafür maßgeblichen DIN-Vorschriften, genügen sollte. Derartige Vereinbarungen der Parteien sind weder dem Mietvertrag noch dem Übergabeprotokoll zu entnehmen. Sie sind auch nicht vom Berufungsgericht festgestellt.


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Mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand im Sinne des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht. Hierbei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe des Mietzinses und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen.


Nicht alles, was bei Neubauten und im modernen Wohnungsbau zwischenzeitlich üblich geworden ist, kann auch bei Altbauten als üblich angesehen oder zum Maßstab gemacht werden. Dementsprechend sind auch die Vorstellungen darüber, welche Ausstattung Altbauten und Neubauten regelmäßig aufweisen, unterschiedlich (BGHZ 117, 217, 225 zu § 541b Abs. 1 Satz 3 BGB a.F.).


Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass die von den Mietern angemietete Altbauwohnung nicht als saniert oder modernisiert angeboten worden war. Dafür spricht auch die Höhe der vereinbarten Miete von anfänglich 872,08 DM für eine 109,01 qm große Wohnung. Bei einem nicht modernisierten Altbau kann ein Mieter nicht erwarten, dass die Elektroinstallation in der Wohnung den bei Vertragsschluß geltenden Maßstäben für die elektrische Anlage in modernisierten oder sanierten Altbauten oder in Neubauten entspricht.


Der Umstand, dass die Wohnung nicht als modernisiert oder saniert angeboten wurde, kann aus der Sicht eines verständigen Mieters nur bedeuten, dass die Wohnungsausstattung hinter dem Standard von Neubauten oder modernisierten Altbauten zurückbleibt.

Dies gilt auch für die elektrische Anlage der Wohnung. Dass diese in der von den Mietern angemieteten Wohnung in ihrer Gesamtheit, d. h. in jeglicher Hinsicht, einen geringeren Standard bietet als in Wohngebäuden desselben Alters und vergleichbarer Ausstattung üblich und zu erwarten ist, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden.

Ein Anspruch der Mieter auf Instandsetzung der gesamten elektrischen Anlage besteht daher nicht.


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Die Mieter haben jedoch gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB Anspruch auf bestimmte Einzelmaßnahmen, nämlich eine Veränderung der Stromversorgung der Wohnung in der Weise, dass neben dem Betrieb eines Großverbrauchers wie Waschmaschine oder Geschirrspülmaschine ein gleichzeitiger anderweitiger Stromverbrauch in der Wohnung möglich ist, sowie die fachgerechte Installierung einer Steckdose im Badezimmer.


Der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand der Wohnung, der mangels konkreter vertraglicher Vereinbarungen nach der Verkehrsanschauung zu bestimmen ist, muß auch bei der Anmietung einer unrenovierten Wohnung in einem Altbau einem Mindeststandard genügen, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht und alle mit der Haushaltsführung üblicherweise verbundenen Tätigkeiten unter Einsatz technischer Hilfsmittel erlaubt .


Zwar kann auch ein unter dem Mindeststandard liegender Zustand der Wohnung dann vertragsgemäß sein, wenn er eindeutig vereinbart ist und der Mieter sich mit ihm einverstanden erklärt hat (Senat, Urteil vom 20. Januar 1993 - VIII ZR 22/92, NJW-RR 1993, 522 unter II 2 b).

Eine solche Vereinbarung ist hier jedoch nicht getroffen worden. Auch wenn der Vermieter zu einer allgemeinen Modernisierung der Wohnung auf den jeweils neuesten technischen Standard nicht verpflichtet ist, kann deshalb der Mieter angesichts des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts grundsätzlich erwarten, daß der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung jedenfalls eine solche Lebensweise zuläßt, die seit Jahrzehnten üblich ist und dem allgemeinen Lebensstandard entspricht.


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Hierzu gehört die Bereitstellung einer Stromversorgung, die einen Betrieb der gewöhnlichen Haushaltsgeräte ermöglicht. Eine derartige Ausstattung einer Wohnung wird unabhängig vom Baualter des Gebäudes oder einer Modernisierung der Wohnung allgemein erwartet.

Nach der Verkehrsanschauung umfaßt mangels abweichender Vereinbarung der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung, daß zumindest ein größeres Haushaltsgerät wie Waschmaschine oder Geschirrspülmaschine und gleichzeitig weitere haushaltsübliche Elektrogeräte wie etwa ein Staubsauger in der Wohnung benutzt werden können.

Zu einer zeitgemäßen Wohnnutzung gehört außerdem, dass das Badezimmer über eine Stromversorgung verfügt, die nicht nur eine Beleuchtung, sondern auch den Betrieb von kleineren elektrischen Geräten über eine Steckdose ermöglicht.


Der Anspruch der Mieter auf Herstellung dieser Einrichtungen ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach dem Übergabeprotokoll vom 2. Juli 1998 die Räume wie gesehen übergeben wurden. Dass damit ein unter dem Mindeststandard liegender Zustand der Wohnung vertraglich vereinbart worden wäre kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil allein aus dem Vermerk "die Räume werden wie gesehen übergeben" nicht geschlossen werden kann, dass den Mietern das Fehlen eines geeigneten Stromkreises zum Anschluß einer Wasch- oder Spülmaschine und das Fehlen jeglicher Steckdose im Bad bei Vertragsschluß bekannt war.

Mangels einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung stünde eine etwaige Kenntnis der Mieter von den genannten Unzulänglichkeiten bei Vertragsschluß gemäß § 536b BGB allenfalls Gewährleistungsansprüchen, nicht aber dem von ihnen geltend gemachten Erfüllungsanspruch aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen.


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Zur Beseitigung der Knarrgeräusche am Parkett


Was den im Klagewege verfolgten Wunsch der Mieter anbelangt, die Vermieterin zur Beseitigung der Karrgeräusche am Parkett zu verpflichten, hat der BGH folgendes ausgeführt (verkürzt dargestellt):

Der Zustand, in dem der Vermieter dem Mieter eine Wohnung zu überlassen hat, bestimmt sich mangels gegenteiliger Vereinbarung nach der Verkehrsanschauung, die maßgeblich durch das Baualter des Gebäudes sowie durch die weiteren oben erwähnten Merkmale geprägt wird.


Übernimmt ein Mieter eine nicht als saniert oder modernisiert angebotene Altbauwohnung, so kann er nur erwarten, dass diese Wohnung einem üblichen Standard vergleichbarer Wohnungen entspricht. Gewisse Unzulänglichkeiten einer Altbauwohnung, die allgemein verbreitet sind, hat ein Mieter damit hinzunehmen.

Dies gilt auch für Knarrgeräusche, die bei Benutzung eines älteren Parkettbodens entstehen. Dabei ist ohne Bedeutung, ob diese Geräusche durch normale Abnutzung oder durch unfachmännische Reparaturen des Parketts oder seiner Unterkonstruktion verursacht werden, solange sie sich von der Intensität her im üblichen zu erwartenden Umfang halten.


BGH, Urteil vom 26. Juli 2004

- VIII ZR 281/03 -


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