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Bundesgerichtshof Entscheidungen
Zur Auslegung von Vertragsklauseln über Ladenöffnungszeiten - XII ZR 121/04 -
Angesichts der Lockerung der früher restriktiven Ladenschlusszeiten durch den Gesetzgeber werden viele Mietvertragsparteien, insbesondere Vermieter und Mieter in Einkaufszentren, die auf die Einhaltung einheitlicher Ladenöffnungszeiten durch alle Betreiber angewiesen sind, bei der Anpassung der Ladenöffnungszeiten die hierzu in den jeweiligen Mietverträgen getroffenen Vereinbarungen heranzuziehen und auszulegen haben.
Dabei werden die Vertragsparteien zu prüfen haben, ob es sich bei den jeweiligen Vertragsklauseln um Individualabreden oder um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Sollte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Öffnungszeiten auf die gesetzlichen Bestimmungen verwiesen werden, wird nach der feinsinnigen Differenzierung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs danach unterschieden werden müssen, ob die entsprechenden Vertragsklauseln auf die "gesetzlichen Bestimmungen" oder aber auf die "jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen" verweisen.
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einer Kostenentscheidung vom 29. November 2006 näher mit der Frage der Vereinbarung von Ladenöffnungszeiten in einem Gewerbemietvertrag befasst.
In den Entscheidungsgründen des die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufhebenden (= jede Partei trägt die Kosten zur Hälfte) Beschlusses heißt es:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, sein Ladengeschäft im Einkaufszentrum der Klägerin von montags bis freitags auch jeweils in der Zeit von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr geöffnet zu halten.
Der Beklagte mietete am 20. Oktober 1994 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin auf die Dauer von zehn Jahren ab Übergabe eine Gewerbefläche von ca. 49 m² im Einkaufszentrum L. zur Nutzung als Fotofachgeschäft.
In § 1/I Nr. 2 des Mietvertrages heißt es:
"Die Vermietung erfolgt zur ausschließlichen Nutzung als: Fotofachgeschäft einschließlich der dazugehörenden Rand- und Nebensortimente. Der Mieter verpflichtet sich, das Sortiment entsprechend der oben angeführten Beschreibung einzuhalten. Eine Änderung der genannten Nutzung oder des Sortiments ist dem Mieter ohne vorherige Zustimmung des Vermieters nicht gestattet. Dem Mieter wird keine Sortimentsausschließlichkeit zugesichert. Konkurrenzschutz ist ausgeschlossen.
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§ 11/II des Mietvertrages regelt die "Betreibungs-/Offenhaltungspflicht" der Mieter.
Nr. 3 der genannten Regelung lautet:
"Das Geschäftslokal ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offen zu halten. Aus einer bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (wie Mittagspause, Ruhetage, Betriebsferien) sind zulässig. Mittagspause 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr."
Die Wendung "Mittagspause 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr" ist im vorgedruckten Mietvertrag handschriftlich ergänzt; außerdem ist das Wort "nicht", das im Vordruck im letzten Satz vor "zulässig" steht, handschriftlich gestrichen.
Die Mieter des Einkaufszentrums haben gemäß § 13/II des Mietvertrages eine Werbegemeinschaft gegründet, der auch der Beklagte als Gesellschafter beigetreten ist. Nach einem entsprechenden Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter der Werbegemeinschaft im Jahre 1997 hat die Klägerin die Kernöffnungszeiten der Ladenlokale von montags bis freitags auf jeweils 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr festgelegt. Der Beklagte hat sein Geschäft jedoch bereits jeweils um 18. 30 Uhr geschlossen.
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Auf entsprechende Klage hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, sein Ladengeschäft montags bis freitags (auch) von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr geöffnet zu halten. Die Berufung des Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebte der Beklagte die Abweisung der Klage.
In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem der Mietvertrag beendet worden war und der Beklagte das Mietobjekt geräumt hatte.
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung ist gemäß § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach sind die Kosten gegeneinander aufzuheben, da offen ist, welche Partei ohne Erledigung im Rechtsstreit unterlegen wäre.
Das Landgericht hat dahingestellt sein lassen, ob die in § 11/II des Mietvertrages geregelte Betriebspflicht individuell vereinbart oder eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Klägerin ist. Die Regelung hat es dahin ausgelegt, dass die Vermieterin die Öffnungszeiten im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Ladenschlusszeiten festlegen könne. Hierbei hat es darauf abgestellt, dass bei Abschluss des Vertrags bereits mit einer Verlängerung der gesetzlichen Ladenschlusszeiten habe gerechnet werden müssen.
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Bei der Beantwortung der Frage, ob die genannte Regelung statisch auf die 1994 geltenden gesetzlichen Bestimmungen oder dynamisch auf die jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen verweist, kommt es indes entscheidend darauf an, ob es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Klägerin oder um eine Individualvereinbarung handelt.
Sollte eine Allgemeine Geschäftsbedingung vorliegen, wäre bei deren Auslegung § 305 c Abs. 2 BGB zu beachten. Danach aber müsste, da die Klausel auf die "gesetzlichen Bestimmungen" und nicht eindeutig auf die "jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen" verweist, zu Lasten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass die Regelung die 1994 geltende Gesetzeslage in Bezug nimmt. In diesem Fall aber hätte die Klägerin den Rechtsstreit im Wesentlichen verloren, da damals die Läden mit Ausnahme von donnerstags um 18:30 Uhr schließen mussten.
Handelte es sich hingegen um eine Individualvereinbarung, wäre gegen deren vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung revisionsrechtlich nichts einzuwenden. § 305 c BGB käme nicht zur Anwendung. Ebenso wenig wäre eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB vorzunehmen. Der Beklagte wäre im Rechtsstreit unterlegen.
Da die zutreffende Eigenschaft der Regelung aus prozessualen Gründen nicht mehr geklärt werden kann, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.
BGH, Beschluss vom 29. November 2006
- XII ZR 121/04 -
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