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Bundesgerichtshof Entscheidungen
Zu den Formerfordernissen eines Vorvertrages zu einem Gewerbemietverhältnis - XII ZR 40/05 -
In einer Entscheidung vom März 2007 hat der u.a. für das Gewerbemietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH festgestellt, dass die Vereinbarung in einem Vorvertrag, welcher ein langfristiges Mietverhältnis begründen soll, nicht dem Formerfordernis des § 566 BGB a.F. unterliegt. Vielmehr verpflichtet die Vereinbarung die Parteien zur Mitwirkung am Zu-Stande-Kommen des schriftlichen und der Form des § 566 BGB a.F. genügenden Hauptvertrages.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen vergeblicher Planungsaufwendungen aus einer vertraglichen Absprache in Anspruch.
Die Parteien trafen am 7. Oktober 1999 eine als "Mietvertrag" bezeichnete Vereinbarung, mit der sich die Klägerin verpflichtete, der Beklagten gegen Entgelt ein noch zu errichtendes Altenpflegeheim zur Nutzung zu überlassen.
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Im Vertrag heißt es u.a.:
"§ 1 Mietobjekt
1. Der Vermieter wird Eigentümer der Immobilie - A. D. - in S. . Auf dem Grundstück wird ein Senioren-Pflegeheim (Mietobjekt) errichtet.
2. Der Vermieter vermietet an den Mieter ein fertig gestelltes, betriebs- und benutzungsfähiges Seniorenpflegeheim mit insgesamt ca. 180 Betten gemäß folgenden Anlagen, die Bestandteil dieses Vertrages sind:
Anlage 1: Lageplan
Anlage 2: Baubeschreibung
Anlage 3: Baugenehmigung
Anlage 4: Ausführungszeichnungen (soweit vorhanden)
...
6. Der Mieter ist verpflichtet, das Mietobjekt mit Fertigstellung zu übernehmen. Als Fertigstellungstermin gilt der Zeitpunkt gemäß § 5 Abs. 2, spätestens jedoch der Zeitpunkt der behördlichen Gebrauchsabnahme. ...
§ 2 Vertragsdauer
1. Das Mietverhältnis wird auf die Dauer von 20 Jahren fest vereinbart. Es beginnt mit dem in § 1 Abs. 6 genannten Termin.
...
§ 5 Übergabe des Mietgegenstandes
...
2. Den verbindlichen Übergabetermin wird der Vermieter spätestens vier Monate vorher dem Mieter schriftlich mitteilen.
§ 16 Sonstiges
...
2. Vermieter und Mieter sind berechtigt, vom Mietvertrag zurückzutreten, wenn die Baugenehmigung, bezogen auf die geplante, in diesem Mietvertrag vorgesehene Nutzung, versagt wird und wenn die geplante Finanzierung, bezogen auf die Gesamtkonzeption und die Bonität des Hauptmieters, nicht zustande kommt.
3. Dieser Mietvertrag gilt weiterhin vorbehaltlich der Beibringung aller behördlichen Genehmigungen."
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Die Klägerin begann mit Planungen für das Objekt. Mit Schreiben vom 23. Juli 2001 kündigte die Beklagte die Vereinbarung unter Berufung auf § 16 des Vertrages.
Die Klägerin nahm den von ihr gestellten Baugenehmigungsantrag zurück.
Zwischen den Parteien besteht Streit, ob es sich bei der getroffenen Vereinbarung bereits um einen bindenden Mietvertrag oder lediglich um einen Vorvertrag handelt. Die Gründe, die dazu geführt haben, dass der Vertrag nicht durchgeführt wurde, sind zwischen den Parteien ebenfalls streitig.
Die Klägerin verlangt Ersatz der ihr mit dem Abschluss des Vertrages erwachsenen Aufwendungen.
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Es ist von einem rechtswirksamen Mietvertrag ausgegangen, den die Beklagte durch ihre unberechtigte Kündigung verletzt habe.
Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.
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In den Entscheidungsgründen heißt es:
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Dabei könne dahinstehen, ob es sich bei der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung um einen Mietvertrag oder lediglich einen Vorvertrag dazu handele.
Bejahe man mit dem Landgericht einen Mietvertrag, so habe dieser mangels Einhaltung der Schriftform gemäß § 566 BGB a.F. ordentlich gekündigt werden können.
Dabei könne offen bleiben, ob die Schriftform schon deshalb nicht gewahrt sei, weil die in § 1 Abs. 2 genannten Anlagen der Vereinbarung nicht beigefügt gewesen seien.
Zu den wesentlichen Punkten, die dem Schriftformerfordernis unterlägen, gehöre die Dauer des Vertrages. Werde der Vertrag mit einer Festlaufzeit (hier: 20 Jahre) geschlossen, unterlägen Anfangs- und Enddatum der Beurkundungspflicht.
Nur wenn sich beide Daten aus der Urkunde ergäben, könne ein Erwerber verlässlich erkennen, für welchen Zeitraum der Mietvertrag - noch - bestehe. Das gelte insbesondere für die Fälle, in denen das Mietobjekt bei Vertragsschluss noch nicht existiere, sondern erst errichtet werden solle.
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In einem solchen Fall könnten der Zeitpunkt des Vertragsschlusses und derjenige des Vertragsbeginnes um Jahre auseinander liegen. Im vorliegenden Fall datiere der Vertrag vom Oktober 1999, während das Vertragsverhältnis erst mit dem Zeitpunkt der Fertigstellung habe beginnen sollen. Dieser Zeitpunkt sei bei Vertragsschluss weder bestimmt noch bestimmbar gewesen.
Folge man der Ansicht, dass es sich bei der Vereinbarung noch nicht um den Mietvertrag selbst, sondern nur um einen Vorvertrag handele, ergebe sich kein anderes Ergebnis.
Zwar unterliege der Vorvertrag nicht dem Formerfordernis. Formbedürftig sei erst die Abrede, durch die der Vorvertrag zum endgültigen Vertrag werde.
Im vorliegenden Fall sei bereits nicht ersichtlich, dass es dann überhaupt einen Mietvertrag gäbe, jedenfalls gäbe es keinen, der der Schriftform des § 566 BGB a.F. entspreche. Die Beklagte wäre im Ergebnis auch bei Annahme eines Mietvertrages, der ohne Beachtung der Form zustande gekommen wäre, nicht gehindert gewesen, den Vertrag zu kündigen.
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2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Der Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung steht nicht entgegen, dass dem Vertrag die in § 1 Abs. 2 genannten Anlagen nicht beigefügt waren.
Zwar gehört die Einigung über den Vertragsgegenstand zum wesentlichen Vertragsinhalt. Dieser muss zumindest bestimmbar sein (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. vor § 535 Rdn. 11). Das ist hier der Fall.
Nach § 1 Abs. 2 der Vereinbarung sollte der Vermieter auf dem Grundstück "A. D. " ein Senioren-Pflegeheim mit insgesamt 180 Betten errichten und dem Mieter zur Nutzung überlassen. Die Überlassungsverpflichtung bezog sich auf das gesamte Gebäude. Damit war der Vertragsgegenstand hinreichend individualisiert.
b) Die Schriftform scheitert nicht daran, dass die Parteien die in § 1 Abs. 2 genannten Anlagen der Vereinbarung nicht beigefügt haben.
Zwar gehört auch der Mietgegenstand zu den wesentlichen und damit formbedürftigen Elementen eines langfristigen Mietvertrages (vgl. BGH, Senatsurteil vom 2. November 2005 - XII ZR 233/03 - NJW 2006, 140).
Danach muss der Mietgegenstand im Vertrag so ausreichend individualisiert sein, dass er für einen Rechtsnachfolger (§ 571 BGB a.F. = § 566 BGB), den § 566 BGB a.F. (= § 550 BGB) in erster Linie schützen will, ausreichend bestimmbar ist. Das ist hier der Fall.
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Mietgegenstand sollte nach seiner Fertigstellung ein "betriebs- und benutzungsfähiges Seniorenpflegeheim mit insgesamt 180 Betten" auf dem Grundstück " A. D. " sein.
Damit war das gesamte Gebäude vermietet, das der Vermieter auf dem Grundstück errichten würde, unabhängig davon, welche Größe und Ausstattung es im Einzelnen aufweisen und wo genau es auf dem Grundstück entstehen würde.
Den Anlagen, die bei Vertragsschluss erst zu einem geringen Teil vorhanden waren, kam insoweit kein eigener Erklärungswert zu; sie dienten lediglich der Verdeutlichung des im formgültig abgeschlossenen Vertrag enthaltenen Mietgegenstandes (Orientierungshilfe).
Der Streitfall unterscheidet sich wesentlich von den Fällen, in denen nur Teile eines Gebäudes vermietet werden und für einen Rechtsnachfolger aus dem Mietvertrag nicht ersichtlich ist, um welche Teile es sich dabei handelt (vgl. dazu Senatsurteil vom 2. November 2005 - XII ZR 233/03 - NJW 2006, 140).
c) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Dauer des Mietvertrages zu den wesentlichen Vertragsbedingungen gehört und deshalb formbedürftig ist.
Der Senat hat - nach Verkündung des Berufungsurteils - entschieden, dass die Vertragsdauer nicht bestimmt angegeben werden muss, sondern die Form gewahrt ist, wenn die Einigung über die Dauer beurkundet ist und ihr Inhalt bestimmbar bleibt (Senatsurteil vom 2. November 2005 - XII ZR 212/03 - NJW 2006, 139).
Dafür genügt es, dass der Sachverhalt so genau bestimmt ist, dass bei seiner Verwirklichung kein Zweifel am Vertragsbeginn verbleibt. Der Senat hat deshalb in der Vereinbarung, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe der Mieträume" beginnen solle, einen ausrei-chend bestimmbaren Beginn des Mietverhältnisses gesehen (Senatsurteil aaO).
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Nichts anderes gilt im Streitfall. Gemäß § 2 Abs. 1 der vertraglichen Vereinbarung sollte das Mietverhältnis mit dem in § 1 Abs. 6 genannten Fertigstellungstermin beginnen.
Als Fertigstellungstermin bestimmt § 1 Abs. 6 Satz 2 den Zeitpunkt, den der Vermieter als Übergabetermin verbindlich festlegt.
Aufgrund dieser Beschreibung lässt sich der Beginn des Mietverhältnisses - nach Mitteilung des verbindlichen Übergabetermins - eindeutig bestimmen.
Mit der Mitteilung des - zunächst unbestimmten - Übergabetermins steht der Beginn des Mietverhältnisses fest, wird aus dem bestimmbaren ein bestimmter Termin.
d) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, bei Annahme eines Vorvertrages wäre die Beklagte nicht gehindert, diesen zu kündigen.
Im Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht allerdings zutreffend davon aus, dass ein Vorvertrag nicht den Formerfordernissen des § 566 BGB a.F. unterliegen würde (BGH, Urteile vom 7. Oktober 1953 - VI ZR 20/53 - BB 1953, 958 und vom 4. Juni 1961 - VIII ZR 132/60 - BB 1961, 1027). Dem schließt sich der Senat an.
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Die Ausführungen des Berufungsgerichts legen demgegenüber aber den Schluss nahe, dass es entgegen der von ihm gewählten Formulierung der Meinung war, aus einem formlosen Vorvertrag könne kein Anspruch auf Abschluss eines - formgerechten - Hauptvertrages bestehen.
Diese Auffassung ist unzutreffend. Ist im Vorvertrag vereinbart, dass ein langfristiges Mietverhältnis begründet werden soll, so sind beide Parteien zur Mitwirkung am Zustandekommen des schriftlichen und damit der Form des § 566 BGB a.F. genügenden Hauptvertrages verpflichtet (Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 3 Rdn. 20; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht 9. Aufl. Vor § 535 Rdn. 107).
Daneben bestehen vertragliche Nebenpflichten, insbesondere dahin, alles zu unterlassen, was dem Abschluss des Hauptvertrages entgegenstehen könnte. Werden diese Verpflichtungen verletzt, so kann der jeweils andere Vertragsteil Schadensersatz verlangen (Lindner-Figura/Oprée/Stellmann aaO Rdn. 25; Schmidt-Futterer/Blank aaO Rdn. 106).
Die unberechtigte Kündigung des Vorvertrages bzw. die Weigerung, einen formgerechten Hauptvertrag abzuschließen, wären solche zum Schadensersatz führenden Verletzungen des Vorvertrages.
3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sie - unabhängig von der Einhaltung der Schriftform - nach § 16 des Vertrages zur Kündigung berechtigt gewesen sei, weil die Klägerin ihrerseits ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sei.
Das Landgericht hat dazu Beweis erhoben. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen hierzu getroffen hat, ist eine Entscheidung darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht, dem Senat derzeit nicht möglich.
BGH, Urteil vom 7. März 2007
- XII ZR 40/05 -
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