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Bundesgerichtshof Entscheidungen
Erstattung des Guthabens aus Betriebskostenabrechnung über Gewerberäume stellt kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar - XII ZR 62/12 -
Der unter anderem für das Gewerbemietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Juli 2013 folgende Entscheidung verkündet:
BGB §§ 556 Abs. 3 Satz 2 und 3, 556 Abs. 3 Satz 5 und 6, 782
Auch bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum rechtfertigt allein die vorbehaltlose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht (im Anschluss an BGH Urteil vom 12. Januar 2011 - VIII ZR 296/09 NJW 2011, 843).
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 16 - vom 24. April 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Sachverhalt (Tatbestand):
Die Parteien streiten über restliche Betriebskosten aus einem Mietverhältnis über Gewerberäume.
Der Beklagte mietete vom Kläger ein Ladengeschäft mit Stellplatz. In dem Mietvertrag verpflichtete sich der Kläger, über die vom Beklagten zu zahlenden Betriebskosten unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen jährlich abzurechnen.
Mit Schreiben vom 26. September 2010 übersandte der Kläger die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 an den Beklagten. Die Abrechnung schloss mit einem Guthaben des Beklagten in Höhe von 53,75 €, welches der Kläger sofort an den Beklagten überwies.
Nachdem der Beklagte Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung erhoben hatte, erstellte der Kläger am 25. Oktober 2010 eine neue Abrechnung, die unter Berücksichtigung einer zuvor vom Kläger vergessenen Grundsteuerzahlung eine vom Beklagten zu zahlende Differenz in Höhe von 375,76 € auswies.
Mit der Klage verlangt der Kläger den vorgenannten Betrag, die Rückzahlung des bereits an den Beklagten ausbezahlten Guthabens in Höhe von 53,75 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, vor der Mietrechtsreform habe es ganz herrschender Ansicht entsprochen, dass in der Übersendung der Betriebskostenabrechnung und der darauf folgenden Gutschrift des Guthabens auf dem Konto des Mieters ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis des Vermieters zu sehen sei, welches spätere Korrekturen zu Lasten des Mieters nicht mehr zulasse. Dieser Auffassung seien Teile der Literatur und der Rechtsprechung nach Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes mit der Begründung entgegengetreten, die nunmehr normierte Einwendungsfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB und die in § 556 Abs. 4 BGB enthaltene Bestimmung, dass abweichende Regelungen zu Lasten des Mieters unwirksam seien, ließen für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses keinen Raum mehr. Dem sei der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12. Januar 2011 (VIII ZR 296/09 - NJW 2011, 843) gefolgt. In dieser Entscheidung habe er klargestellt, dass mit der Einführung der ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 sowie Satz 5 und 6 BGB kein Raum für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses mehr sei, da eine ausreichende Rechtssicherheit gewährleistet sei und innerhalb zumutbarer Zeit Klarheit über die Höhe der Betriebskosten erzielt werde.
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Diese Rechtsprechung lasse sich aber nicht auf gewerbliche Mietverhältnisse übertragen, da die Ausschlussfristen des § 556 Abs. 3 BGB nur für Wohnraummietverhältnisse gälten, so dass die vom Bundesgerichtshof angeführte Begründung auf gewerbliche Mietverhältnisse nicht übertragen werden könne. Die Parteien eines Mietverhältnisses hätten ein offensichtliches Bedürfnis, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums Klarheit über den Stand des Betriebskostenkontos zu haben und zu erfahren, ob die jeweils andere Vertragspartei den errechneten Saldo akzeptiere oder aber Nachforderungen erhebe bzw. Einwendungen geltend mache. Diesem Bedürfnis werde bei Mietverhältnissen über Wohnraum durch die Regelung des § 556 Abs. 3 BGB Rechnung getragen. Würde man bei gewerblichen Mietverhältnissen von der bisher herrschenden Auffassung abweichen, müssten Vermieter und Mieter damit rechnen, Ansprüchen der jeweils anderen Partei ausgesetzt zu sein, obwohl der Mieter den Saldo erhalten oder ausgeglichen habe. Bis zum Eintritt der Verjährung wären beide Parteien berechtigt, Ansprüche aus einem Jahre zurückliegenden Abrechnungszeitraum geltend zu machen, so dass sich die Parteien eines gewerblichen Mietvertrages mit einer jahrelangen Ungewissheit abfinden müssten. Der Umstand, dass der Beklagte nach Erhalt der Abrechnung andere Positionen als die in der Abrechnung vergessene Grundsteuer gerügt habe, ändere an der Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses nichts, da der Vermieter, der ein Guthaben des Mieters und damit einen Betrag zu seinen Lasten errechnet habe, damit ausdrücklich anerkenne, diesen Saldo zu schulden. Der Mieter wiederum akzeptiere durch die Annahme des Guthabens, dass es ihm jedenfalls in der vom Vermieter berechneten Höhe zustehe. Hierzu bedürfe es keiner weiteren Erklärungen von seiner Seite, so dass er berechtigt sei, Einwendungen geltend zu machen und weitergehende Zahlungen zu verlangen.
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II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass durch den vorbehaltlosen Ausgleich des sich aus der ursprünglichen Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Kläger zwischen den Parteien ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande gekommen ist und der Kläger daher die Betriebskostenabrechnung nicht mehr zu Lasten des Mieters korrigieren konnte.
1. Bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) wurde in der Rechtsprechung und im Schrifttum überwiegend die Auffassung vertreten, dass durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung und den vorbehaltlosen Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter zwischen den Mietvertragsparteien ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande komme, das den errechneten Saldo verbindlich werden lasse und spätere Nachforderungen des Mieters und auch des Vermieters ausschließe (vgl. Staudinger/Weitemeyer BGB [2010] § 556 Rn. 133 mit umfangreichen Nachweisen). Gleiches sollte gelten, wenn der Vermieter ein sich aus der Abrechnung ergebendes Guthaben vorbehaltlos an den Mieter auskehrte (so noch Langenberg Betriebskostenrecht 5. Aufl. Rn. G 198). Im Hinblick auf die durch das Mietrechtsänderungsgesetz eingeführten ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen in § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 sowie Satz 5 und 6 BGB wurde im Schrifttum kein Bedürfnis mehr für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses durch den vorbehaltlosen Ausgleich des Betriebskostensaldos gesehen, weil durch die Neuregelung - anders als nach bisherigem Recht - eine rasche Abwicklung der Betriebskosten gewährleistet werde. Deshalb könne weder allein in der vorbehaltlosen Zahlung einer sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Nachforderung durch den Mieter noch in dem vorbehaltlosen Ausgleich eines zugunsten des Mieters errechneten Guthabens durch den Vermieter ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gesehen werden (Langenberg in Schmidt- Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 556 BGB Rn. 404; Emmerich/Sonnenschein/ Weitemeyer Miete 10. Aufl. § 556 BGB Rn. 85; Sternel Mietrecht aktuell 4. Aufl. Rn. V 453; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 3. Aufl. § 556 BGB Rn. 159; MünchKommBGB/Schmid 6. Aufl. § 556 Rn. 103; Bamberger/Roth BGB 3. Aufl. § 556 Rn. 71 f; Palandt/Weidenkaff BGB 72. Aufl. § 556 Rn. 13; Langenberg Betriebskosten- und Heizkostenrecht 6. Aufl. Rn. H 231 f.; Sternel ZMR 2010, 81, 82; Flatow WuM 2010, 606, 609; Milger NZM 2009, 497, 499; Blank NZM 2008, 745, 751; aA Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 11 Rn. 233; Eisenschmid in Betriebskostenkommentar 3. Aufl. Rn. 1973; Fritz NJW 2012, 980, 981; Streyl WuM 2005, 505, 508).
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2. Der Bundesgerichtshof hat sich für den Bereich der Wohnraummiete dieser Auffassung angeschlossen (BGH Urteil vom 12. Januar 2011 - VIII ZR 296/09 - NJW 2011, 843 Rn. 18; noch offen gelassen in BGH Urteil vom 18. Januar 2006 - VIII ZR 94/05 - NJW 2006, 903, 904). Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass die ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen in § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 sowie Satz 5 und 6 BGB der Abrechnungssicherheit dienen und Streit vermeiden sollen. Sie gewährleisten eine zeitnahe Abrechnung, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich bei der Abrechnung zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss. Ebenso dienen die auf Anregung des Bundesrates im Interesse der Ausgewogenheit in das Mietrechtsreformgesetz aufgenommene Frist für Einwendungen des Mieters gegen die Betriebskostenabrechnung (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB) und der durch § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB auch insoweit angeordnete Einwendungsausschluss nach Fristablauf zugleich der Rechtssicherheit, da dadurch in absehbarer Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche besteht. Durch die gesetzlichen Regelungen ist damit umfassend gewährleistet, dass sich die Mietvertragsparteien zeitnah über ihre Verpflichtungen aus einem abgeschlossenen Abrechnungszeitraum im Klaren sind. Ein Erfordernis für die Annahme eines bereits in einer vorbehaltlosen Zahlung oder einer vorbehaltlosen Gutschrift zu sehenden deklaratorischen Schuldanerkenntnisses besteht deshalb jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage nicht mehr.
3. Der Senat schließt sich auch für den Bereich des Gewerberaummietrechts der Auffassung an, dass weder durch die vorbehaltlose Zahlung einer Betriebskostennachforderung durch den Mieter noch durch die vorbehaltslose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter für sich genommen ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande kommt, das einer späteren Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht.
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a) Das Berufungsgericht nimmt allerdings zutreffend an, dass die Begründung, mit der der Bundesgerichtshof für die Wohnraummiete die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses abgelehnt hat, für den Bereich des gewerblichen Mietrechts nicht trägt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats der Vermieter von Gewerberäumen entsprechend der in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB enthaltenen Regelung verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung zu er- stellen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben oder der Vermieter die verspätete Abrechnung nicht zu vertreten hat (Senatsurteil BGHZ 184, 117 = NJW 2010, 1065 Rn. 38). Die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB findet dagegen bei der Gewerberaummiete keine Anwendung (Senatsurteile BGHZ 184, 117 = NJW 2010, 1065 Rn. 17 ff. und vom 17. November 2010 - XII ZR 124/09 - NJW 2011, 445 Rn. 12).
Ebenso wenig gilt die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB für die Möglichkeit des Mieters, Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung zu erheben, weil diese Vorschrift nur für die Wohnraummiete gilt (vgl. Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 556 BGB Rn. 6). Die Grenze für die Korrektur einer Betriebskostenabrechnung ergibt sich daher im gewerblichen Mietrecht nur durch den Eintritt der Verjährung oder in Ausnahmefällen aufgrund von Verwirkung (§ 242 BGB).
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b) Gleichwohl kann auch bei gewerblichen Mietverhältnissen nicht angenommen werden, dass allein durch die vorbehaltlose Erstattung oder Zahlung des sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Saldos ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zwischen den Mietvertragsparteien zustande kommt.
aa) Es fehlt in diesem Fall bereits an den allgemeinen Voraussetzungen für das Entstehen eines wirksamen Vertrages. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis setzt als vertragliches kausales Schuldanerkenntnis (vgl. hierzu BGH Urteil vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05 - NJW-RR 2007, 530 Rn. 8) das Vorliegen zweier übereinstimmender Willenserklärungen voraus (§§ 145 ff. BGB). Zwar können diese auch durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Willensbekundungen der Parteien von dem Willen getragen sind, sich entsprechend vertraglich zu binden (vgl. MünchKommBGB/Habersack 5. Aufl. § 781 Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Angebot zum Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses regelmäßig voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen und sich dahingehend einigen wollen (st. Rspr. vgl. BGH Urteile vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05 - NJW-RR 2007, 530 Rn. 8 und vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07 - NJW 2009, 580 Rn. 11 jeweils mit umfangreichen Nachweisen).
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bb) Kehrt der Vermieter nach Übersendung der Betriebskostenabrechnung vorbehaltlos ein errechnetes Guthaben an den Mieter aus, gibt er aus der maßgeblichen Sicht des Mieters (§§ 133, 157 BGB) keine auf den Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gerichtete Willenserklärung ab. Die Betriebskostenabrechnung ist eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen (BGH Urteil vom 28. April 2010 - VIII ZR 263/09 - NJW 2010, 1965 Rn. 8 mwN). Durch die Auszahlung des Guthabens an den Mieter erbringt der Vermieter eine reine Erfüllungshandlung (§ 363 BGB), der kein weiterer rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt. Insbesondere erklärt der Vermieter hiermit nicht, den sich aus der Abrechnung ergebenden Saldo unstreitig stellen zu wollen. Diese Bewertung steht auch im Einklang mit der außerhalb des Mietrechts ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum deklaratorischen Schuldanerkenntnis, wonach aufgrund der vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung für sich genommen nicht auf die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses geschlossen werden kann (vgl. BGH Urteile vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07 - NJW 2009, 580 Rn. 12 und vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05 - NJW-RR 2007, 530 Rn. 9). Auch der Mieter, der zunächst vorbehaltlos eine Betriebskostennachforderung begleicht, erbringt damit eine reine Erfüllungshandlung, ohne dass daraus geschlossen werden kann, der Mieter erkenne den Abrechnungssaldo endgültig für verbindlich an.
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cc) Außerdem spricht gegen die Annahme eines Rechtsbindungswillens, dass der Vermieter selbst bei einem Mietverhältnis über Wohnraum innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB die Betriebskostenabrechnung auch zulasten des Mieters abändern kann (Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 556 BGB Rn. 397). Würde er mit der Übersendung der Betriebskostenabrechnung und der sofortigen Auszahlung eines Guthabens an den Mieter innerhalb der Abrechnungsfrist ein Angebot auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgeben, wäre er gemäß § 145 BGB daran gebunden, bis der Mieter das Angebot ablehnt oder die Frist zur Annahme (§ 147 Abs. 2 BGB) verstrichen ist. Eine Korrektur der Abrechnung wäre für den Vermieter in dieser Zeit nicht möglich (vgl. Flatow WuM 2010, 606, 608). Verstünde man den Ausgleich einer sich aus der Abrechnung ergebenden Nachforderung durch den Mieter als dessen Annahme des Vertragsangebots, hätte der Vermieter sich allein durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung der Möglichkeit begeben, innerhalb der Jahresfrist die Abrechnung noch korrigieren zu können. Ein entsprechender Wille des Vermieters kann jedoch ohne weitere Umstände nicht angenommen werden. Nimmt der Mieter seinerseits ein vom Vermieter erstattetes Guthaben ohne weitere Erklärung entgegen, kann diesem Verhalten ebenfalls kein Rechtsbindungswille entnommen werden. Der Mieter ist in diesem Fall schlicht untätig, so dass daran nicht die Wertung geknüpft werden kann, der Mieter wolle die Betriebskostenabrechnung als verbindlich ansehen (vgl. Flatow WuM 2010, 606, 608). Die Annahme eines stillschweigend abgeschlossenen Schuldanerkenntnisses würde nämlich auch in diesem Fall dazu führen, dass der Mieter durch die bloße Entgegennahme der Zahlung die Möglichkeit verlieren würde, noch Einwendungen gegen die Abrechnung zu erheben.
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dd) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann das Vorliegen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses bei einem vorbehaltlosen Ausgleich des Betriebskostensaldos auch nicht mit der Erwägung begründet werden, die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Ausschluss- und Einwendungsfristen des § 556 Abs. 3 BGB auf die Wohnraummiete führe bei gewerblichen Mietverhältnissen dazu, dass die Mietvertragsparteien andernfalls bis zum Eintritt der Verjährung damit rechnen müssten, weiteren Ansprüchen der jeweils anderen Partei ausgesetzt zu sein. Auch bei der Gewerberaummiete bestehe jedoch das Bedürfnis der Parteien, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Verbindlichkeit des errechneten Betriebskostensaldos zu erlangen, das nur durch die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses befriedigt werden könne (ähnlich auch Fritz NJW 2012, 980, 981; Beyerle in Lindner- Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 11 Rn. 233). Das Berufungsgericht verkennt dabei, dass das durchaus anerkennenswerte Interesse der Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses, zeitnah Rechtssicherheit über den Betriebskostensaldo zu erlangen, nicht die Prüfung der nach allgemeinen Grundsätzen notwendigen Voraussetzungen für einen wirksamen Vertragsschluss ersetzen kann. Der fehlende Verweis in § 578 Abs. 2 BGB auf § 556 Abs. 3 BGB zeigt zudem, dass der Gesetzgeber nur im Bereich der Wohnraummiete ein Bedürfnis dafür gesehen hat, durch die Schaffung von kurzen Fristen für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung und für hiergegen gerichtete Einwendungen des Mieters alsbald eine Verbindlichkeit des errechneten Betriebskostensaldos herbeizuführen. Diese Wertung kann bei der Prüfung, ob der vorbehaltlose Ausgleich des Betriebskostensaldos zu einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis führt, nicht unberücksichtigt bleiben.
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ee) Deshalb kann sich eine andere Beurteilung auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes ergeben (so aber Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/ Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 11 Rn. 233). Nur aufgrund des Umstandes, dass der Mieter die Erstattung eines zu seinen Gunsten bestehenden Betriebskostensaldos vorbehaltlos entgegennimmt, kann der Vermieter nicht darauf vertrauen, dass der Mieter den Betriebskostensaldo als verbindlich hinnehmen will und keine weiteren Nachforderungen mehr geltend machen wird. Der Mieter nimmt, insbesondere wenn die Erstattung durch Überweisung auf sein Konto erfolgt, nur eine Zahlung entgegen und bleibt im Übrigen schlicht untätig. Aus diesem Verhalten des Mieters kann bereits deshalb nicht abgeleitet werden, er erkenne den errechneten Saldo als verbindlich an und verzichte auf die Geltendmachung von Einwendungen, weil er bei einem gewerblichen Mietverhältnis gerade nicht verpflichtet ist, innerhalb einer gesetzlich vorgesehenen Frist Einwendungen zu erheben. Gleiches gilt für den Vermieter von Gewerberaum. Da auch er für die Abrechnung der Betriebskosten nicht an die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB gebunden ist, bringt er durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung nicht zum Ausdruck, auf eine nachträgliche Geltendmachung weiterer Betriebskosten zu verzichten. Im Übrigen bleibt es den Parteien eines gewerblichen Mietvertrages unbenommen, den Zeitpunkt der Verbindlichkeit der Betriebskostenabrechnung vertraglich zu regeln. § 556 Abs. 4 BGB, der für Mietverträge über Wohnraum entsprechende vertragliche Regelungen zum Nachteil des Mieters verbietet, findet bei der Gewerberaummiete keine Anwendung.
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ff) Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Mietvertragsparteien im Einzelfall hinsichtlich des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgeben und damit den Saldo für beide Seiten als verbindlich ansehen wollen. Hierzu bedarf es jedoch weiterer Umstände, aus denen auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Mietvertragsparteien geschlossen werden kann. Die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldverhältnisses kann danach in Betracht kommen, wenn die Parteien zunächst über einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung gestritten haben und dann der Saldo von einer der beiden Vertragsparteien ausgeglichen wurde oder wenn die Parteien eine Ratenzahlungs- bzw. Stundungsvereinbarung getroffen haben (vgl. auch Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 556 BGB Rn. 406).
c) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist das Berufungsgericht rechtsirrig vom Vorliegen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zwischen den Parteien ausgegangen.
Der Kläger hat nach Erstellung der ursprünglichen Betriebskostenabrechnung das Guthaben an den Beklagten überwiesen. Erst danach hat der Beklagte seinerseits Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung erhoben. Die anschließend vom Kläger korrigierte Betriebskostenabrechnung ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, so dass außer der vorbehaltlosen Überweisung des zunächst errechneten Guthabens an den Beklagten vom Berufungsgericht keine weiteren Umstände festgestellt worden sind, die auf den Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zwischen den Parteien schließen ließe.
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4. Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Weitere Umstände, die einer Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegenstünden, ergeben sich aus den getroffenen Feststellungen nicht. Der Kläger hat die Betriebskostenabrechnung noch während der laufenden Jahresfrist korrigiert. Damit kann der Beklagte der geltend gemachten Nachforderung auch nicht den Einwand der Verwirkung entgegenhalten (vgl. hierzu Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 556 BGB Rn. 523 f.).
Da die Parteien auch über die Berechtigung einzelner Positionen der geltend gemachten Nebenkosten streiten, ist die Sache noch nicht entscheidungsreif (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Der Rechtsstreit ist daher an das Berufungsgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2013
- XII ZR 62/12 -
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 02.11.2011 - 44 C 177/11
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.04.2012 - 316 S 155/11 -
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