Bundesgerichtshof Entscheidungen

Zur Ermächtigung eines Grundstückskäufers durch den bisherigen Vermieter zur Vornahme einer Mieterhöhung - VIII ZR 203/13 -


Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im März 2014 folgende Entscheidung verkündet:

BGB §§ 558a, 566 Abs. 1

Der Käufer einer vermieteten Wohnung kann vom Verkäufer ermächtigt werden, schon vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch und des damit verbundenen Eintritts des Käufers in die Vermieterstellung (§ 566 Abs. 1 BGB) im eigenen Namen ein Mieterhöhungsbegehren gemäß § 558a BGB zu stellen. Die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens hängt nicht davon ab, dass die Ermächtigung offen gelegt wurde.


Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.


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Sachverhalt (Tatbestand):

Die Klägerin mietete von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Vermieterin) eine Wohnung in F. .

Mit notariellem Vertrag vom 16. März 2006 zwischen der Beklagten (Vermieterin) und ihrer Rechtsvorgängerin (im Folgenden: B. ) wurde der Grundbesitz, zu dem die der Klägerin (Mieterin) vermietete Wohnung gehört, mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2006 ("Eintrittsstichtag") an die Beklagte (Vermieterin) veräußert. § 3 Ziffer 3 des notariellen Vertrages bestimmt, dass die Beklagte (Vermieterin) zu diesem Zeitpunkt mit allen Rechten und Pflichten in die Mietverträge eintritt und die B. Miet- und Betriebskostenvorauszahlungen, die für die Zeit ab dem Eintrittsstichtag erbracht worden sind, an die Beklagte (Vermieterin) auskehrt. Ferner ist vorgesehen, dass die Beklagte (Vermieterin) bevollmächtigt ist, ab sofort bis zum Eigentumsvollzug im Grundbuch den Mietern gegenüber sämtliche mietrechtlichen Erklärungen abzugeben und gegebenenfalls im eigenen Namen entsprechende Prozesse zu führen.


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Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 4. Mai 2010. Die Beklagte (Vermieterin) erteilte der Klägerin (Mieterin) Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 und zog die sich daraus ergebenden Nachforderungen sowie die Mieten ab 1. März 2007 ein. Ferner richtete sie mit Schreiben vom 20. Dezember 2006, 18. März 2008 und 24. Juli 2009 Mieterhöhungsbegehren an die Klägerin (Mieterin), denen diese jeweils zustimmte.

Mit schriftlicher Vereinbarung vom 24. Juli 2012 trat die B. sämtliche Forderungen aus dem Mietverhältnis mit der Klägerin "vorsorglich" nochmals an die Beklagte (Vermieterin) ab.


Die Klägerin (Mieterin) ist der Auffassung, dass sie die an die Beklagte (Vermieterin) für den Zeitraum März 2007 bis 4. Mai 2010 auf die Miete und die Betriebskosten geleisteten Zahlungen, insgesamt 28.948,19 €, ohne Rechtsgrund erbracht habe, weil die Beklagte (Vermieterin) ihre Vermieterstellung in diesem Zeitraum nur "vorgespiegelt" habe. Die auf Zahlung des genannten Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin (Mieterin) ihr Klagebegehren weiter.


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Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin (Mieterin) stehe kein Anspruch auf Rückzahlung von Miete und Betriebskosten für die Zeit vom 1. März 2007 bis 4. Mai 2010 zu. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ergebe sich das allerdings nicht schon daraus, dass der notarielle Vertrag vom 16. März 2006 eine Abtretung dieser Forderungen an die Beklagte (Vermieterin) enthielte. Aus der Formulierung "wird übertragen" könne lediglich eine Verpflichtung zur Abtretung entnommen werden, nicht aber die Verfügung (Abtretung) selbst. Die Berechtigung der Beklagten (Vermieterin), Miete und Betriebskosten einzuziehen, ergebe sich aber daraus, dass der Regelung in § 3 Ziffer 3 des notariellen Vertrages vom 16. März 2006 eine entsprechende Ermächtigung (§ 185 BGB) zu entnehmen sei, die Rechte aus dem Mietvertrag im eigenen Namen geltend zu machen. Dass nicht nur eine Bevollmächtigung, sondern eine Ermächtigung gemeint sei, ergebe sich dabei daraus, dass ausdrücklich ein Handeln der Erwerberin "im eigenen Namen" vorgesehen sei. Ferner ermächtige § 3 Ziffer 3 die Beklagte (Vermieterin) auch dazu, Betriebskostenabrechnungen zu erteilen und im eigenen Namen Mieterhöhungsbegehren an die Klägerin (Mieterin) zu richten.


Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Meinung sei auch nicht anzunehmen, dass ein einseitiges Rechtsgeschäft unwirksam sei, wenn es aufgrund einer nicht offen gelegten Ermächtigung vorgenommen worden sei. Für die Geschäftsraummiete habe der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit einer Ermächtigung eines Dritten durch den Vermieter selbst für eine einseitige gestaltende Willenserklärung wie eine Kündigung anerkannt (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1997 - XII ZR 119/96). Entgegen der Auffassung der Klägerin (Mieterin) gelte für Wohnraummietverhältnisse nichts anderes.


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II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.

Der Klägerin (Mieterin) steht kein Anspruch auf Rückzahlung der im streitigen Zeitraum an die Beklagte (Vermieterin) auf Miete und Betriebskosten erbrachten Zahlungen zu. Ein - allein in Betracht kommender - Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) scheidet aus, weil die Zahlungen nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sind.


1. Es kann dahinstehen, ob sich die Berechtigung der Klägerin (gemeint ist die Vermieterin) zum Einzug der Forderungen bereits aus dem notariellen Vertrag vom 16. März 2006 ergibt. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, läge jedenfalls in der am 24. Juli 2012 vorsorglich nochmals erklärten Abtretung eine Genehmigung der durch die Beklagte (Vermieterin) vorgenommene Forderungseinziehung gemäß § 185 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BGB, so dass ein Bereicherungsanspruch der Klägerin (Mieterin) ausscheidet.


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2. Auch bezüglich der Nachzahlungen, die die Klägerin (Mieterin) auf die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 erbracht hat, steht ihr kein Rückforderungsanspruch zu. Insoweit hat die Klägerin (Mieterin) ebenfalls auf berechtigte Forderungen der Beklagten (Vermieterin) und deshalb mit Rechtsgrund geleistet.


Entgegen der Auffassung der Klägerin (Mieterin) sind die für diese Jahre erteilten Betriebskostenabrechnungen nicht deshalb unwirksam, weil sie von der Beklagten (Vermieterin) zu einem Zeitpunkt erteilt wurden, als sie mangels Eintragung im Grundbuch noch nicht in die Stellung der Vermieterin (vgl. § 566 Abs. 1 BGB) eingerückt war. Der Vermieter braucht die Abrechnung von Betriebskosten - selbstverständlich - nicht persönlich vorzunehmen, sondern kann sich dafür Hilfspersonen oder Dritter bedienen. In einem solchen Fall ist regelmäßig schon aus den Umständen - nämlich dem Bezug zur Wohnung des Mieters - ersichtlich, dass mit der von einem Dritten erstellten Abrechnung die Abrechnungspflichten des Vermieters erfüllt werden sollen. So ist es auch hier. Dass es der Beklagten (Vermieterin) aufgrund des mit der B. abgeschlossenen Vertrages oblag, ab dem Eintrittsstichtag die fälligen Betriebskostenabrechnungen zu erstellen, stellt auch die Revision nicht in Frage.


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3. Schließlich steht der Klägerin (Mieterin) auch bezüglich der Beträge, die auf die in den Jahren 2006, 2008 und 2009 vereinbarten Mieterhöhungen entfallen, kein Rückforderungsanspruch zu. Auch diese Zahlungen sind mit Rechtsgrund erfolgt. Entgegen der Auffassung der Revision sind die zwischen den Parteien insoweit zur Mietanpassung getroffenen Vereinbarungen nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte (Vermieterin) nicht berechtigt gewesen wäre, im eigenen Namen Zustimmung zu der jeweils verlangten Mieterhöhung zu begehren.


a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Rechtsinhaber einen Dritten zur Geltendmachung eines unselbständigen Gestaltungsrechts im eigenen Namen ermächtigen (BGH, Urteile vom 10. Dezember 1997 - XII ZR 119/96, NJW 1998, 896 unter II 2, sowie vom 11. September 2002 - XII ZR 187/00, NJW 2002, 3389, unter II 6, jeweils zum Kündigungsrecht; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 105/07, NJW 2008, 1218 Rn. 26 ff. zur Modernisierungsankündigung). Eine derartige Ermächtigung zur Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung ist, wie das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung angenommen hat, der Regelung in § 3 Ziffer 3 des Vertrages vom 16. März 2006 zu entnehmen.


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b) Entgegen der Auffassung der Revision steht § 566 BGB einer solchen rechtsgeschäftlich erteilten Ermächtigung nicht entgegen. § 566 BGB ordnet für den Fall der Veräußerung vermieteten Eigentums an, dass der Erwerber für die Dauer seines Eigentums in die Vermieterstellung einrückt. Dies schließt es nicht aus, dass der bisherige Vermieter schon zu einem früheren Zeitpunkt Ansprüche aus dem Mietverhältnis abtritt oder einem Erwerber eine Ermächtigung zur Geltendmachung im eigenen Namen erteilt. Auch für die von der Revision befürwortete Differenzierung, eine Ermächtigung nur bezüglich einer Kündigung oder einer Modernisierungsankündigung, nicht aber bezüglich eines Mieterhöhungsverlangens zuzulassen, besteht kein sachlicher Grund.


c) Schließlich erfordern auch Gesichtspunkte des Mieterschutzes keine abweichende Beurteilung. Allerdings wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, dass ein einseitiges Rechtsgeschäft, das von einer vom Vermieter dazu ermächtigten Person vorgenommen wird, nur wirksam sei, wenn die Ermächtigung offen gelegt werde (LG Berlin GE 2009, 326; Börstinghaus, NZM 2009, 681, 683; Sternel, Miet- recht Aktuell, 4. Aufl., IV Rn. 81; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 11. Aufl., § 566 BGB Rn. 46). Zur Begründung wird angeführt, dass die Offenlegung der Ermächtigung dem Mieter bei einem einseitigen Rechtsgeschäft die Möglichkeit gebe, das Rechtsgeschäft entsprechend § 182 Abs. 3, § 111 BGB zurückzuweisen, falls die Ermächtigung nicht in schriftlicher Form beigelegt gewesen sei (Schmidt-Futterer/Streyl, aaO).


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Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Anders als die Stellvertretung gestattet die Ermächtigung dem Berechtigten das Handeln im eigenen Namen, so dass es eines Hinweises auf den eigentlichen Rechtsinhaber gerade nicht bedarf. Es besteht auch kein Anlass, von diesem Grundsatz für den hier vorliegenden Fall abzuweichen, dass von einer Ermächtigung im Rahmen eines Mietverhältnisses Gebrauch gemacht wird.


Zu Unrecht meint die Revision, nur durch das Erfordernis einer Offenlegung der Ermächtigung könne eine doppelte Inanspruchnahme des Mieters vermieden werden. Denn der Mieter, der aus dem Mietvertrag von einer anderen Person als seinem ursprünglichen Vermieter in Anspruch genommen wird, kann sich zunächst dessen Berechtigung nachweisen lassen, wenn er Zweifel daran hat, ob eine entsprechende Vollmacht oder Ermächtigung vorliegt oder ein Rechtsübergang nach § 566 BGB stattgefunden hat. Dies hat die Klägerin (Mieterin) aber gerade nicht getan, sondern den Mieterhöhungsverlangen der Beklagten (Vermieterin) jeweils zugestimmt.


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Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es auch keiner Entscheidung, ob der Mieter ein Mieterhöhungsverlangen, das ihm (wie hier die Beklagte) der noch nicht eingetragene Erwerber aufgrund einer Ermächtigung des bisherigen Vermieters stellt, analog § 180 Abs. 1, § 174 BGB oder - wie die Revision meint - entsprechend § 182 Abs. 3, § 111 BGB zurückweisen kann, wenn ihm keine Urkunde beigefügt ist, aus der sich die Ermächtigung zur Geltendmachung des Mieterhöhungsverlangens ergibt. Denn eine Zurückweisung hätte jedenfalls nur unverzüglich erfolgen können; hieran mangelt es bei der von der Klägerin (Mieterin) mit Schreiben vom 31. Mai 2012 erklärten Zurückweisung der in den Jahren 2006, 2008 und 2009 gestellten Mieterhöhungsverlangen. Entgegen der Auffassung der Revision käme es insoweit auf den Zeitpunkt des Zugangs des jeweiligen Mieterhöhungsverlangens an und nicht auf den späteren Zeitpunkt, in dem der Klägerin (Mieterin) bekannt geworden ist, dass der Eigentumswechsel im Grundbuch erst im Jahr 2010 vollzogen wurde und die Beklagte (Vermieterin) die vorangegangenen Mieterhöhungsverlangen nicht aufgrund einer ihr nach § 566 Abs. 1 BGB zustehenden Vermieterstellung, sondern aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung der bisherigen Vermieterin gestellt hat.


BGH, Urteil vom 19. März 2014

- VIII ZR 203/13 -


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