Bundesgerichtshof Entscheidungen

Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete - VIII ZR 346/10 -


Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einer Entscheidung vom Februar 2012 umfassend mit der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf der Grundlage eines vorliegenden Sachverständigengutachtens durch den Tatrichter befasst:


BGB § 558 Abs. 2

Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch den Tatrichter.


Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 24. September 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen


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Sachverhalt (Tatbestand):

Die Beklagten mieteten von der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vermieterin) mit Vertrag vom 1. Juni 2005 eine Sechs-Zimmer-Wohnung in der G. straße in Karlsruhe mit einer Wohnfläche von 193,6 qm zu einer monatlichen Kaltmiete von 1.250 €. Die Klägerin (Vermieterin) begehrte mit Schreiben vom 22. Juli 2009 unter Benennung von drei Vergleichswohnungen mit Mieten von 7,80 €/qm, 7,94 €/qm und 8,54 €/qm die Zustimmung der Beklagten (Mieter) zu einer Erhöhung der Kaltmiete um 200 € auf 1.450 € ab dem 1. Oktober 2009. Die Beklagten (Mieter) verweigerten die Zustimmung.


Das Amtsgericht hat der auf Zustimmung zu der vorgenannten Mieterhöhung gerichteten Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung des Sachverständigen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten (Mieter) nach nochmaliger Anhörung des Sachverständigen zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten (Mieter), mit der diese ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgen.


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Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:

Mit zutreffenden Gründen habe das Amtsgericht der Klage stattgegeben.

Das Berufungsgericht teile nach der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen die Feststellung des Amtsgerichts, dass die von der Klägerin (Vermieterin) begehrte Mieterhöhung nicht über der ortsüblichen Miete liege. Zwar habe der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten unter Heranziehung von elf Vergleichswohnungen einen "arithmetischen Mittelwert" von 7 €/qm ermittelt, jedoch sei die Klägerin (Vermieterin) nicht an diesen Mittelwert gebunden; vielmehr könne sie eine Erhöhung auf 1.450 € verlangen; dies entspreche 7,74 €/qm. Der Sachverständige habe nämlich in Bezug auf die ortsübliche Vergleichsmiete eine Mietspanne ermittelt, die zwischen 6,05 €/qm als unterstem und 8 €/qm als oberstem Wert liege. Dass er darüber hinaus einen arithmetischen Mittelwert ausgewiesen habe, sei ohne Belang. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne ein Vermieter, wenn ein Sachverständiger in einem Mietwertgutachten bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete keinen exakten Betrag, sondern eine Bandbreite (Spanne) ermittelt habe, grundsätzlich eine Erhöhung bis zum oberen Spannenwert verlangen.


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Der Sachverständige habe in einem Vergleichsmietendiagramm dargestellt, welche Mietwerte er berücksichtigt habe. Im Einzelnen seien dies zwei Mieten aus dem Jahr 2005 und je drei Mieten aus den Jahren 2006 bis 2008 gewesen. Bezüglich einer Miete aus dem Jahr 2007 mit 7,50 €/qm und der Miete aus dem Jahr 2008 mit 8 €/qm handele es sich jeweils um Neuvermietungen. Damit habe der Sachverständige entsprechend den gesetzlichen Vorgaben aus Mieten innerhalb der letzten vier Jahre die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet. Entgegen der Auffassung der Beklagten (Mieter) bedeute der Begriff "gebildet" in § 558 BGB nicht, dass die ortsübliche Vergleichsmiete zwingend mit einem Durchschnittswert gleichzusetzen sei. In § 558 BGB werde lediglich gefordert, dass bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete Entgelte zu berücksichtigen seien, die in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden seien.


Dass sich der Sachverständige auf elf Vergleichswohnungen beschränkt habe, sei nicht zu beanstanden. Er habe insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass es statistisch gesehen im Rahmen der von ihm vorgenommenen Vergleichsmietenauswertung als empirische Zufallsstichprobe eigener Markterkenntnisse genüge, zwischen acht und zehn Vergleichswohnungen heranzuziehen, da im Gegensatz zu einem Mietspiegel nur Mietobjekte mit hinreichend genauer Übereinstimmung der Qualitätsmerkmale und mietwertrelevanten Faktoren herangezogen würden. Bei mehr als 15 Vergleichswohnungen würden sich kaum oder nur geringfügige Änderungen ergeben. Diese Ausführungen des Sachverständigen seien von den Parteien unangefochten geblieben.


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II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ein Anspruch der Klägerin (Vermieterin) auf Zustimmung zu der geltend gemachten Mieterhöhung kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden.


Gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert geblieben ist. Die ortsübliche Miete wird nach § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe und Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Veränderungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind. Diese Voraussetzungen für den Klageanspruch hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht bejaht.


1. Zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, dass es sich bei der ortsüblichen Vergleichsmiete nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht um einen punktgenauen Wert handelt, sondern dass sich die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb einer gewissen Spanne bewegt (Senatsurteile vom 20. April 2005 - VIII ZR 110/04, NJW 2005, 2074 unter II 2 b; vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 30/09, WuM 2009, 746 Rn. 14 mwN).


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Die Feststellung, ob die verlangte Miete innerhalb dieser Spanne liegt oder die ortsübliche Miete übersteigt, obliegt dem Tatrichter und erfordert im Prozess eine konkrete Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Sinne einer Einzelvergleichsmiete (Senatsurteil vom 20. April 2005 - VIII ZR 110/04, aaO). Diese Einzelvergleichsmiete kann ein Punktwert innerhalb der Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete sein (siehe Senatsurteil vom 20. April 2005 - VIII ZR 110/04), sie kann sich aber auch innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen, die ihrerseits innerhalb der umfassenderen, etwa durch einen Mietspiegel abgebildeten Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt (Senatsurteile vom 4. Mai 2011 • VIII ZR 227/10, NJW 2011, 2284 Rn. 16; vom 6. Juli 2005 • VIII ZR 322/04, NJW 2005, 2621 unter II 2 c).


Stellt sich die Einzelvergleichsmiete nicht als Punkt, sondern als Bandbreite dar, kann der Vermieter die Miete bis zum oberen Wert der Bandbreite anheben (Senatsurteile vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 30/09, aaO Rn. 15; vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 227/10, aaO Rn. 17). Sowohl die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete als auch die Einzelvergleichsmiete werden, soweit • wie hier • kein Mietspiegel vorhanden ist, in der Regel durch Sachverständigengutachten festgestellt werden können. Maßstab für die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens ist dann die vom Sachverständigen ermittelte Einzelvergleichsmiete (Senatsurteile vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 322/04, aaO; vom 20. April 2005 - VIII ZR 110/04, aaO. vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 30/09, aaO; vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 227/10, aaO Rn. 20).


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2. Die Auffassung der Revision, der arithmetische Mittelwert der von einem Sachverständigen ermittelten Vergleichsmieten sei die "üblichste" Miete und damit ohne Weiteres als (punktgenaue) Einzelvergleichsmiete zugrunde zu legen, trifft nicht zu. Ist die Einzelvergleichsmiete als Bandbreite zutreffend ermittelt, so liegt auch der obere Wert dieser Bandbreite noch innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete, die die obere Grenze einer Mieterhöhung nach § 558 BGB darstellt; maßgeblich ist daher entgegen der Auffassung der Revision weder der Mittelwert noch der untere Wert dieser Bandbreite der Einzelvergleichsmiete (Senatsurteil vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 30/09, aaO mwN).


3. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass die gesamte Mietspanne der vom Sachverständigen in das Gutachten einbezogenen Vergleichswohnungen zugleich die Bandbreite der konkreten Einzelvergleichsmiete darstelle. Das trifft nicht zu. Die Auffassung des Berufungsgerichts würde dazu führen, dass der Vermieter ohne weiteres die in einem Gebiet bezahlte Spitzenmiete verlangen könnte; das sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr kann der Vermieter nach § 558 Abs. 1 und 2 BGB nur die Miete verlangen, die als zu ermittelnde Einzelvergleichsmiete innerhalb der Spanne der durch Neuvermietungen und Bestandsmietenänderungen der letzten vier Jahre geprägten ortsüblichen Vergleichsmiete in dem betreffenden Gebiet liegt.


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a) Auf das Senatsurteil vom 21. Oktober 2009 (VIII ZR 30/09, aaO) kann sich das Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung nicht stützen. Dieser Entscheidung lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.


Der Senat hatte in seinem Urteil vom 21. Oktober 2009 (VIII ZR 30/09, aaO) über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem • wie hier • kein Mietspiegel vorlag und die Sachverständige auf der Grundlage von 19 Vergleichswohnungen mit einer größeren Mietspanne eine Bandbreite der konkreten ortsüblichen Vergleichsmiete von 3,35 bis 3,59 €/qm ermittelt hatte. In diesem Fall hat der Senat das Mieterhöhungsverlangen in Höhe des oberen Wertes der Bandbreite der von der Sachverständigen festgestellten Einzelvergleichsmiete für gerechtfertigt gehalten. Er hat jedoch nicht entschieden, dass die Einzelvergleichsmiete mit der umfassenderen Spanne der Mieten der 19 Vergleichswohnungen oder gar mit deren höchstem Wert gleichzusetzen ist.


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Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht dagegen die Bandbreite der Einzelvergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten mit der von 6,05 bis 8 €/qm reichenden Spanne aller Mieten gleichgesetzt, die für die vom Sachverständigen berücksichtigten (elf) Vergleichswohnungen gezahlt werden. Das Berufungsgericht hat damit den Begriff der "üblichen Entgelte" (§ 558 Abs. 2 Satz 1 BGB) verkannt und ist infolge dessen zu einer korrekten Ermittlung der Einzelvergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten (Mieter) nicht vorgedrungen.


Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass nicht alles, was am Markt für vergleichbare Wohnungen tatsächlich gezahlt wird, ohne weiteres üblich im Sinne des § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB ist. Das kann zwar zu bejahen sein, wenn die am Markt gezahlten Mieten nahe beieinander liegen, trifft aber nicht zu, wenn das Spektrum der am Markt vorgefundenen Mieten für vergleichbaren Wohnraum • wie hier • sehr weit auseinandergeht. Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seine Auffassung auf die Äußerung des Sachverständigen bei dessen persönlichen Anhörung, dass auch der Spitzenwert von 8 € noch innerhalb der ortsüblichen Miete liege und nicht im Rahmen der Mieten, die un- ter § 5 WiStrG fielen. Dem liegt ein unzutreffendes Verständnis von der ortsüblichen Vergleichsmiete zugrunde. Nicht jede Miete, die nicht gegen § 5 WiStrG verstößt, ist als übliches Entgelt im Sinne des § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB zu bezeichnen.


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b) Bei einer • wie hier • sehr weit auseinander gehenden Streuung der Vergleichsmieten hat der Tatrichter mit Unterstützung des Sachverständigen auf der Grundlage einer ausreichend großen, repräsentativen Stichprobe vergleichbarer Wohnungen (Senatsurteil vom 20. April 2005 - VIII ZR 110/04, aaO unter II 2 c aa) zunächst das breite Spektrum der am Markt tatsächlich gezahlten Mieten auf den engeren Bereich der Entgelte zu begrenzen, der als Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete anzusehen ist. Diese Eingrenzung auf den Bereich der "üblichen Entgelte" (§ 558 Abs. 2 Satz 1 BGB) hat das Berufungsgericht versäumt.


aa) Zwar hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt, dass er in einem ersten Schritt sogenannte "Ausreißermieten" aussondere, die bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete keine Berücksichtigung fänden. Darunter verstehe er unter Berücksichtigung von § 5 WiStrG Mieten, die 20 % oberhalb und unterhalb des arithmetischen Mittelwerts lägen. Im vorliegenden Fall habe er jedoch keine derartigen Mieten feststellen können.


Dieses Vorgehen des Sachverständigen ist im Ansatz nicht zu beanstan- den. Wo die Grenze für von vornherein ausscheidende "Ausreißermieten" zu ziehen ist, obliegt dem Tatrichter. Dass der Sachverständige die Grenze bei 20 % gezogen und das Berufungsgericht dies gebilligt hat, wird von den Parteien nicht angegriffen und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Eliminierung extrem abweichender Mieten, die unter § 5 WiStrG fallen, reicht aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Sachverständigen nicht aus, um die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete und - in deren Rahmen - die Einzelvergleichsmiete zu bestimmen.


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bb) Der Begriff der Üblichkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Anwendung auf den konkreten Fall für den Tatrichter naturgemäß nicht einfach ist. Auf die Schwierigkeit einer Definition dessen, was üblich ist, hat bereits die von der damaligen Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission "Wohnungspolitik" im Jahr 1994 hingewiesen. Sie hat seinerzeit angeregt, die in der Praxis immer größer werdenden Interpretationsprobleme der ortsüblichen Vergleichsmiete durch gesetzliche Maßstäbe zu regeln, die einerseits konkret genug sind, um mit ihnen in der Praxis taugliche Ergebnisse zu erzielen, die andererseits aber weit genug gefasst sind, damit sie nicht zu einer ständigen Fehlerquelle werden (BT-Drucks. 13/159, S. 120). Diese Anregung hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Er hat die Konkretisierung, welche Entgelte als üblich anzusehen sind, weiterhin der Praxis überlassen.


Die Gesetzesmaterialien zu einer früheren Änderung des § 2 MHG durch das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20. Dezember 1982 (BGBl. I S. 1912) enthalten allerdings zur Erläuterung des Begriffs der Üblichkeit den Hinweis, dass Mieten, die außergewöhnlich stark nach der einen oder anderen Seite von der "großen Mehrheit" der Mieten abweichen, als nicht üblich außer Betracht bleiben (BT-Drucks. 9/2079, S. 15). Diese Begrenzung der ortsüblichen Vergleichsmiete dient dazu, "Preisspitzen" auf dem Wohnungsmarkt abzuschneiden (BVerfGE 37, 132, 143).


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Die Umschreibung der Üblichkeit unter Bezugnahme auf die "große Mehrheit" der Mieten entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch. Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass eine Miete nur dann als üblich angesehen werden kann, wenn sie innerhalb einer Spanne liegt, welche "zumindest" die überwiegende Mehrheit der Vergleichsmieten umfasst (ähnlich Schmidt- Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 10. Aufl., § 558 BGB Rn. 132: "erheblich mehr" als 50 %). Dieses breite Mittelfeld ist der Bereich der ortsüblichen Vergleichsmiete, innerhalb deren Spanne die Einzelvergleichsmiete zu bestimmen ist.


cc) Die Begrenzung des vollen Spektrums der berücksichtigungsfähigen Vergleichsmieten auf die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete kann, wenn ein Mietspiegel nicht vorliegt, vom Tatrichter mit Unterstützung des Sachverständigen in verschiedener Weise vorgenommen werden.


Unterschiedliche Ansätze kommen in Betracht. So befürwortet Börstinghaus unter Bezugnahme auf die Praxis bei der Erstellung von Mietspiegeln, die nach Eliminierung der "Ausreißermieten" verbleibende Spanne der Vergleichsmieten dadurch auf das Mittelfeld der ortsüblichen Vergleichsmiete zu begrenzen, dass je ein Sechstel im oberen und unteren Bereich der erhobenen Daten gekappt wird (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, aaO, zur Kritik näher Schmidt -Futterer/Börstinghaus, aaO Rn. 133 mwN in Fn. 364 ff.). Auch kann die ortsübliche Vergleichsmiete durch eine prozentuale Abweichung vom arithmetischen Mittelwert, um den sich die Vergleichsmieten gruppieren, bestimmt werden.


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Starre Maßstäbe zur Eingrenzung des Mittelfeldes der Vergleichsmieten für alle erdenklichen Fälle - etwa bestimmte Prozentsätze für die Abweichung vom arithmetischen Mittelwert - können von Rechts wegen nicht vorgegeben werden. Denn die Streuung der Mieten hängt von regionalen Marktgegebenheiten ab (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, aaO Rn. 134). Diese lassen sich nicht durch starre Regelungen für die Ermittlung der Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete im konkreten Fall erfassen, sondern sind Gegenstand tatrichterlicher Würdigung. Es ist daher Aufgabe des Tatrichters, mit sachverständiger Hilfe die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete sachgerecht zu begrenzen. Dies hat das Berufungsgericht versäumt, indem es das volle Spektrum der berücksichtigungsfähigen Vergleichsmieten mit der ortsüblichen Vergleichsmiete gleichgesetzt hat.


c) Wenn die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete rechtsfehlerfrei ermittelt worden ist, dann ist in deren Rahmen die Einzelvergleichsmiete vom Tatrichter zu bestimmen. Auch diesen Schritt hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen.


Die Einzelvergleichsmiete als "konkrete" ortsübliche Vergleichsmiete wird in der Regel durch Einstufung der Wohnung innerhalb der Spanne aufgrund zusätzlicher qualitativer Kriterien näher bestimmt werden können. Ebenso mag es möglich sein, vom Mittelwert der Spanne auszugehen und aufgrund besonderer Qualitätsmerkmale der zu bewertenden Wohnung Zu- oder Abschläge vorzunehmen. Dabei kann der Tatrichter, wie ausgeführt, im Ergebnis zu einer punktgenauen Einzelvergleichsmiete, aber auch zu einer Bandbreite der Einzelvergleichsmiete gelangen. Bei geringer Marktstreuung kann die Bandbreite der Einzelvergleichsmiete auch mit der Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete übereinstimmen. Auch diese Beurteilung obliegt dem Tatrichter mit Unterstützung des Sachverständigen.


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4. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus nicht gesehen, dass gegen das Gutachten des Sachverständigen noch in anderer Hinsicht gewisse Bedenken bestehen.


a) Maßgebend für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist der Zeitpunkt, zu dem das Erhöhungsverlangen dem Mieter zugeht (BayObLGZ 1992, 314 ff.). Daraus folgt, dass sich die Vierjahresfrist vom Zugang des Erhöhungsverlangens an vier Jahre zurück erstreckt (Schmidt-Futterer/Börsting- haus, aaO Rn. 107). Im vorliegenden Fall ist den Beklagten das Erhöhungsverlangen vom 22. Juli 2009 noch im selben Monat zugegangen. Zu berücksichtigen waren daher Mieten aus dem zweiten Halbjahr 2005 bis zum ersten Halbjahr 2009. Der Sachverständige hat ausweislich seines Vergleichsmietendiagramms Mieten nur aus den Jahren 2005 bis 2008 einbezogen. Es ist nicht er- sichtlich, aus welchen Gründen er Mieten aus dem ersten Halbjahr 2009 unberücksichtigt gelassen hat, obwohl er über entsprechende Daten verfügt zu haben scheint. Denn nach seinen Ausführungen hat es im Jahr 2009 in dem betreffenden Gebiet nicht unerhebliche Mietsteigerungen gegeben.


b) In welchem Verhältnis Neuvermietungen und Bestandsmietenänderungen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berücksichtigen sind, ist in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht ausdrücklich geregelt. Es obliegt deshalb dem Tatrichter, auf ein angemessenes Verhältnis von Neuvermietungen und Bestandsmietenänderungen zu achten. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass er in seine Mietenauswertung einen Neuvermietungsanteil pro Jahr von (nur) 5 bis 10 % • im Mittel 7,5 % • einbezogen habe. Ebenso ist er in einem dem Senat vorliegenden Gutachten in einem anderen Rechtsstreit verfahren. Der Sachverständige hat diesen geringen Neuvermietungsanteil lediglich damit begründet, dass er "gemäß führender Fachliteratur und den regionalen Markterfahrungen in diesem Marktsegment sachgerecht und angemessen" sei. Dies bedarf näherer Erläuterung.


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III. Da die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht - auf der Grundlage eines ergänzenden oder neuen Gutachtens - nochmals prüfen und feststellen kann, ob die von der Klägerin (Vermieterin) verlangte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten (Mieter) übersteigt. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu berücksichtigen haben, dass die verlangte Miete von 1.450 € bei der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei zugrunde gelegten Wohnfläche (193,76 qm) einer Miete von 7,48 €/qm und nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, von 7,74 €/qm entspricht.


BGH, Urteil vom 29. Februar 2012

- VIII ZR 346/10 -


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