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Bundesgerichtshof Entscheidungen
Unwirksame Farbwahlklausel für den Innenanstrich der Türen und der Fenster während Mietzeit - VIII ZR 50/09 -
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat im Januar 2010 seine Rechtsprechung zu sogenannten Farbwahlklauseln im Zusammenhang mit Schönheitsreparaturen fortgeführt und entschieden, dass eine in einem Wohnraummietvertrag enthaltene Farbvorgabe für den Innenanstrich der Türen und Fenster den Mieter unangemessen benachteiligt.
Die beklagte Mieterin einer Wohnung in Berlin war aufgrund eines Formularmietvertrages zur Übernahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet.
In § 4 Nr. 6 des Vertrages ist unter anderem bestimmt:
"Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen ..."
Eine Anlage zum Mietvertrag enthält ferner den folgenden Zusatz:
"Bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen sind die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen (ausgenommen Kunststoff-, Aluminium- und Dachfenster, sowie fertig beschichtete Türblätter) nur weiß zu lackieren ..."
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Mit der Klage verlangt die Vermieterin nach Beendigung des Mietverhältnisses (soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse) Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. Die Klage ist in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg geblieben.
Auch die Revision der Klägerin (Vermieterin) hatte keinen Erfolg.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in der Anlage des Mietvertrages enthaltene Farbvorgabe ("weiß") für den Anstrich der Innentüren sowie der Innenseiten der Fenster und der Außentür gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.
Damit hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung bestätigt, dass Schönheitsreparaturklauseln, die den Mieter auch während der Mietzeit zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbe verpflichten und ihn dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränken, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Februar 2009 - VIII ZR 166/08, Pressemitteilung Nr. 35/2009).
Die unzulässige Farbvorgabe führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin.
Bei der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen handelt es sich um eine einheitliche Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen aufspalten lässt. Stellt sich diese Verpflichtung auf Grund unzulässiger Ausgestaltung sei es ihrer zeitlichen Modalitäten, ihrer Ausführungsart oder ihres gegenständlichen Umfangs in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, so ist die Verpflichtung insgesamt unwirksam.
Eine Aufrechterhaltung der Klausel in der Weise, dass entweder nur die Farbvorgabe oder die Renovierungspflicht nur bezüglich der Türen und Fenster entfällt, würde gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2010
- VIII ZR 50/09 -
Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 14/2010
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Langfassung der Entscheidung:
BGB § 307 Abs. 1 (Bb)
Bei formularmäßiger Übertragung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen wird der Mieter durch die Vorgabe, Fenster und Türen "nur weiß" zu streichen, unangemessen benachteiligt. Dies führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt.
Sachverhalt (Tatbestand):
Die Beklagte war vom 15. Dezember 2001 bis zum 28. Februar 2006 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in B. . Der Mietvertrag enthält hinsichtlich der Schönheitsreparaturen folgende Formularklauseln:
"Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen ..."
§ 14 Nr. 1
"Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mietshäusern in folgenden Zeitabständen erforderlich: In Küchen, Bädern und Duschräumen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, in andern Räumen alle sieben Jahre."
Anlage zum Mietvertrag:
"Bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen sind die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen (ausgenommen Kunststoff-, Aluminium-, und Dachfenster, sowie fertig beschichtete Türblätter) nur weiß zu lackieren ..."
Die Klägerin (Vermieterin) hat Zahlung von 1.706 € (davon 1.392,99 € wegen unterlassener Schönheitsreparaturen) nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Beklagte (Mieterin) zur Zahlung von 80 € nebst Zinsen wegen einer beschädigten Arbeitsplatte verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin (Vermieterin) die Kaution (712,10 €) mit den von ihr weiter verfolgten Ansprüchen verrechnet und den Rechtsstreit in Höhe dieses Betrages (einseitig) für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin (Vermieterin) zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin (Vermieterin) den auf unterlassene Schönheitsreparaturen gestützten Schadensersatzanspruch weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2009, 847) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin (Vermieterin) stehe ein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen nicht zu, weil die formularvertraglichen Schönheitsreparaturklauseln wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam seien.
Dem Mieter werde vorgegeben, Innenfenster und Türen nur weiß zu streichen. Darin liege eine Beschränkung der Beklagten (Mieterin) bei der Gestaltung der Wohnung während der Dauer des Mietverhältnisses, für die es kein anerkennenswertes Interesse der Klägerin (Vermieterin) gebe. Ein Interesse der Klägerin (Vermieterin) an einer einheitlichen Gestaltung der Zimmertüren sowie der Außentüre und der Fenster von innen im laufenden Mietverhältnis sei nicht erkennbar.
Entgegen der Ansicht der Klägerin (Vermieterin) betreffe die Farbwahlklausel auch das laufende Mietverhältnis, denn eine Einschränkung, dass sie für Renovierungen, die der Mieter während der laufenden Mietverhältnisse durchführe, nicht gelte, sei der Bestimmung nicht zu entnehmen.
Folge der unangemessenen Einengung des Mieters durch die Farbvorgabe bei den Schönheitsreparaturen sei die Unwirksamkeit der Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter schlechthin.
Zwar ließe sich die den Mieter unangemessen benachteiligende Beschränkung seiner Gestaltungsmöglichkeiten durch die Streichung der Zusatzklausel beseitigen. Dies wäre indes eine inhaltliche Veränderung der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen und damit der Sache nach eine geltungserhaltende Reduktion. Diese sei auch dann unzulässig, wenn die Verpflichtung als solche und ihre inhaltliche Ausgestaltung wie hier in zwei verschiedenen Klauseln geregelt seien.
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in der Anlage des Mietvertrages enthaltene Farbvorgabe ("Weiß") beim Anstrich der Innentüren sowie der Innenseiten der Fenster und der Außentür den Mieter unangemessen benachteiligt und dies gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturpflicht insgesamt führt.
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1. Eine Formularklausel, die den Mieter auch während der Mietzeit generell zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Ausführungsart oder Farbwahl verpflichtet und ihn dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränkt, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse besteht, benachteiligt den Mieter unangemessen (Senatsurteile vom 28. März 2007 - VIII ZR 199/06, NZM 2007, 398, Tz. 10; vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605, Tz. 17; vom 18. Februar 2009 - VIII ZR 166/08, NZM 2009, 313, Tz. 12). Dies ist bei der hier zu beurteilenden Klausel der Fall, denn sie gibt für die Innentüren sowie die Innenseiten der Fenster und der Außentür allgemein einen weißen Anstrich vor und enthält keine Beschränkung auf den im Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung geforderten Zustand.
Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nicht darauf an, ob diese Arbeiten seltener anfallen als die Renovierung von Wänden und Decken und ob das Interesse des Mieters an eigener Gestaltung der Dekoration von Decken und Wänden größeres Gewicht hat.
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters an der einheitlichen Gestaltung der Innentüren und Innenseite der Fenster während des Mietverhältnisses nicht erkennbar ist und die Einschränkung der Gestaltungsfreiheit seiner Wohnräume während der Dauer des Mietverhältnisses den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt.
2. Die formularmäßige unangemessene Einengung des Mieters in der Art der Ausführung der Schönheitsreparaturen führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin.
Entgegen der Auffassung der Revision ist das hier nicht deswegen anders zu beurteilen, weil die unangemessene Farbvorgabe sich nicht auf sämtliche Schönheitsreparaturen, sondern nur auf die Fenster und Türen bezieht.
Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen um eine einheitliche Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen oder Einzelpakete aufspalten lässt, sondern deren Ausgestaltung durch den Mietvertrag insgesamt zu bewerten ist (Senatsurteil vom 18. Februar 2009 - VIII ZR 210/08, NZM 2009, 353, Tz. 15).
Stellt sich diese Verpflichtung auf Grund unzulässiger Ausgestaltung - sei es ihrer zeitlichen Modalitäten, ihrer Ausführungsart oder ihres gegenständlichen Umfangs - in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, so ist die Verpflichtung insgesamt unwirksam (Senatsurteil vom 18. Februar 2009, aaO).
So liegt der Fall auch hier. Die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn die Pflicht des Mieters entweder im Hinblick auf die Ausführungsart (Wegfall der Farbvorgabe) oder - wie es die Revision erwägt - im Hinblick auf den gegenständlichen Umfang der Verpflichtung des Mieters (Wegfall der Renovierungspflicht bezüglich der Fenster und Türen) modifiziert würde. Dies käme aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, einer inhaltlichen Umgestaltung der Schönheitsreparaturklausel und damit einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2010
- VIII ZR 50/09 -
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