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Bundesgerichtshof Entscheidungen
Zur Pflicht des Mieters die vom Voreigentümer an den Mieter zurückgegebene Kaution an den Erwerber als neuen Vermieter zu leisten - VIII ZR 206/10 -
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer Entscheidung vom Dezember 2011 keine Verpflichtung eines Mieters angenommen, bei einem Übergang des Mietverhältnisses auf einen neuen Eigentümer an den Erwerber die im Mietvertrag vereinbarte Kaution zu zahlen, wenn diese bereits an den Voreigentümer und früheren Vermieter geleistet worden ist. Im vorliegenden Ausnahmefall allerdings hat der BGH vor dem Hintergrund der vom Mieter verweigerten Zustimmung zur unmittelbaren Übertragung der Kaution von dem Veräußerer an den Erwerber eine Verpflichtung des Mieters aus Treu und Glauben nach § 242 BGB angenommen, die von dem Mieter an den Voreigentümer zurückgegebene Kaution an den Erwerber als neuen Mieter zu leisten.
BGB § 566a
a) Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Erwerbers gegen den Mieter auf erneute Leistung einer im Mietvertrag vereinbarten Kaution, wenn der Mieter die Kaution bereits an den Voreigentümer als früheren Vermieter geleistet hat.
b) Zur Verpflichtung eines Mieters aus Treu und Glauben (§ 242 BGB), die vom Voreigentümer an den Mieter zurückgegebene Kaution an den Erwerber als neuen Vermieter zu leisten.
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Tenor:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 6. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Sachverhalt (Tatbestand):
Der Beklagte mietete mit Vertrag vom 6. September 1991 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vermieterin) eine Wohnung in Berlin. Er verpflichtete sich in der "Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag" vom 16./20. Juni 2000 zur Gewährung einer Sicherheit "für alle Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter" in Höhe von 1.670 DM. Die Kaution war durch "Verpfändung eines Kontoguthabens bei einer bundesdeutschen Sparkasse oder Bank bzw. einem ausländischen Kreditinstitut eines EU-Mitgliedstaates zu erbringen".
Im August 2000 eröffnete der Beklagte (Mieter) bei der Berliner Sparkasse ein Kautionskonto mit einem Guthaben von 1.670 DM (= 853,86 €) und verpfändete dieses zugunsten der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vermieterin).
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Die Klägerin (Vermieterin) kaufte das Grundstück im März 2007; sie wurde am 11. März 2008 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. In § 5 Abs. 3 des Kaufvertrages ist geregelt, dass der Verkäufer dem Käufer die von dem jeweiligen Mieter geleistete Sicherheit einschließlich Zinsen zu übertragen hat. Weiter heißt es dort unter anderem:
"Der Verkäufer hat den jeweiligen Mieter/Pächter unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen nach Beurkundung dieses Vertrages schriftlich vom Verkauf zu unterrichten und dessen schriftliche Zustimmung zur Übertragung der Sicherheit einzuholen."
Der Beklagte (Mieter) wurde aufgefordert, der Übertragung der Kaution auf die Klägerin (Vermieterin) zuzustimmen. Er gab keine Zustimmungserklärung ab. Daraufhin erklärte die Hausverwaltung der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vermieterin) gegenüber dem Beklagten (Mieter) im Schreiben vom 24. Juni 2008 mit Zustimmung der Klägerin (Vermieterin) zur Vorlage bei dessen Kreditinstitut die Freigabe der Kaution in Höhe von 853,86 € zuzüglich aufgelaufener Zinsen.
Die Klägerin (Vermieterin) wandte sich mit Schreiben vom 29. Juli 2008 an den Beklagten (Mieter) und forderte diesen unter Bezugnahme auf die Vereinbarung vom 16. Juni 2000 zunächst auf, einen Kautionsbetrag in Höhe von 1.184,09 € bis zum 27. August 2008 auf ein Konto der Klägerin (Vermieterin) zu überweisen.
Der Beklagte (Mieter) antwortete mit E-Mail vom 28. August 2008:
"Bezüglich der Kaution setze ich mich kurzfristig mit ihnen in Verbindung. Ich habe die alten Konten jetzt aufgelöst, muss aber noch warten, bis die Kündigungsfrist bei der Bank abgelaufen ist und werde ihnen die Kaution dann übergeben."
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Auf eine Mahnung der Klägerin (Vermieterin) vom 12. Dezember 2008, mit der diese den geforderten Kautionsbetrag auf den ursprünglichen Betrag von 853,86 € reduzierte, verweigerte der Beklagte (Mieter) mit Anwaltsschreiben vom 14. Dezember 2008 die Leistung einer neuen Kaution an die Klägerin (Vermieterin) mit der Begründung, der Voreigentümer habe mit der Freigabe der Kaution auf die Stellung der Kaution verzichtet.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin (Vermieterin), den Beklagten (Mieter) zu verurteilen, eine Kaution in Höhe von 853,86 € durch Verpfändung eines Kontoguthabens bei einem der in der Vereinbarung vom 16./20. Juni 2000 genannten Finanzinstitute zu erbringen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin (Vermieterin) hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte (Mieter) mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2010, 1272) hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin (Vermieterin) habe gegen den Beklagten (Mieter) aus der Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag Anspruch auf Leistung der begehrten Kaution gemäß §§ 535, 551 BGB. Grundsätzlich bestehe keine Pflicht des Mieters, die Kaution an den Erwerber zu leisten, soweit der Mieter bereits an den Voreigentümer geleistet habe. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte (Mieter) zugunsten des Alteigentümers ein Sparbuch verpfändet. Dennoch sei der Anspruch der Klägerin (Vermieterin) als neue Eigentümerin nicht durch Erfüllung erloschen, weil die Kaution nicht mehr vorhanden sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Kaution nicht für Forderungen aus dem Mietverhältnis verbraucht, sondern von der Voreigentümerin an den Beklagten (Mieter) ausgezahlt worden sei. Darin sei kein vermieterseitiger Verzicht auf die Kaution zu sehen, weil die Freigabe nur erfolgt sei, nachdem der Beklagte (Mieter) der Übertragung der Mietsicherheit auf die Klägerin (Vermieterin) trotz entsprechender Aufforderung nicht zugestimmt habe, obwohl er zur Mitwirkung verpflichtet gewesen sei.
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Zwar gingen die Rechte aus der Verpfändung des Sparbuchs ohne weiteres auf den Erwerber über. Allerdings sei die nicht am Mietverhältnis beteiligte Bank, der gegenüber der Beklagte (Mieter) die Verpfändungserklärung nur zugunsten der Voreigentümerin abgegeben habe, nicht ohne Zustimmung des verpfändenden Beklagten (Mieters) zur Auszahlung des Sparguthabens an die Klägerin (Vermieterin) als neue Eigentümerin verpflichtet. Damit verbleibe für die Klägerin (Vermieterin) das Risiko, zu gegebener Zeit nicht ohne die Mitwirkung des Beklagten (Mieters) auf die Mietsicherheit zugreifen zu können. Nach alledem falle es zwar nicht in die Verantwortung des Mieters, ob der Alteigentümer seiner Pflicht zur Übertragung der Kaution auf den Erwerber nachkomme. Soweit die Übertragung einer persönlich für den Alteigentümer bestellten Sicherheit aber faktisch nur mit einer Mitwirkungshandlung zu bewirken sei, sei der Mieter nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten, diese Mitwirkung - hier in Form der Zustimmungserklärung - zu erbringen.
Es sei treuwidrig, wenn der Beklagte (Mieter) sich einerseits darauf berufe, dass die Erfüllung des Kautionsanspruchs auch gegenüber dem Erwerber wirke und die freiwillige Auszahlung durch den Eigentümer nicht zu einem Wiederaufleben geführt habe, wenn er andererseits die notwendige Mitwirkung an der Übertragung verweigere. Diene diese Mitwirkung nur der praktischen Durchführung der Übertragung des Kautionsguthabens, wäre einer entsprechenden Erklärung auch keine Entlassung des Alteigentümers aus seinen gesetzlichen Pflichten aus § 556a BGB beizumessen, wie der Beklagte (Mieter) befürchte.
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II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin (Vermieterin) gegen den Beklagten (Mieter) Anspruch auf Leistung der in der Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag vom 16./20. Juni 2000 vereinbarten Kaution hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vermieterin) mit deren Zustimmung die vom Beklagten (Mieter) aufgrund der Vereinbarung vom 16./20. Juni 2000 ursprünglich geleistete Kaution an den Beklagten (Mieter) zurückgegeben hat. Denn darin liegt, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles kein Verzicht der Vermieterseite auf die vereinbarte Kaution.
1. Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Erwerbers gegen den Mieter auf erneute Leistung einer im Mietvertrag vereinbarten Kaution, wenn der Mieter die Kaution bereits an den Voreigentümer als früheren Vermieter geleistet hat. Mit der Erfüllung des Anspruchs auf Leistung der Kaution erlischt dieser Anspruch (§ 362 BGB). Auch ist der Mieter grundsätzlich nicht verpflichtet, der Übertragung der Kaution auf den Erwerber zuzustimmen. Denn einer solchen Zustimmung des Mieters bedarf es in der Regel nicht, weil der Erwerber kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten aus der Kaution eintritt (§ 566a Satz 1 BGB).
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2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtsfehlerfrei eine Verpflichtung des Beklagten bejaht, die in der Vereinbarung vom 16./20. Juni 2000 vereinbarte Kaution erneut - nunmehr an die Klägerin (Vermieterin) - zu leisten. Dazu war der Beklagte (Mieter) nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, weil er einer Übertragung der gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vermieterin) abgegebenen Verpfändungserklärung auf die Klägerin (Vermieterin) nicht zugestimmt hatte und daraufhin die Kaution zurückerhalten hatte, ohne dass darin ein Verzicht der Klägerin (Vermieterin) auf die Kaution gesehen werden konnte.
a) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war die Kaution in der Weise geleistet worden, dass der Beklagte (Mieter) die Verpflichtungserklärung nur zugunsten der Voreigentümerin persönlich abgegeben hatte und deshalb die am Mietverhältnis nicht beteiligte Bank nicht ohne Zustimmung des verpfändenden Beklagten zur Auszahlung des Sparguthabens an die Klägerin (Vermieterin) als neue Eigentümerin verpflichtet war.
Aus diesen rechtsfehlerfrei festgestellten Umständen hat das Berufungsgericht mit Recht hergeleitet, dass der Beklagte jedenfalls nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet war, der Übertragung der Kaution auf die Klägerin als neue Pfandgläubigerin zuzustimmen, weil die Übertragung der persönlich für den Alteigentümer bestellten Sicherheit faktisch nur mit einer Mitwirkungshandlung des Beklagten (Mieters) zu bewirken war.
Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Klägerin (Vermieterin) die auf sie übergegangenen Rechte aus der Kaution gegenüber der Bank notfalls auch ohne Mitwirkung des Beklagten (Mieters) hätte durchsetzen können. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf abgestellt, dass die Klägerin (Vermieterin) das Risiko, zu gegebener Zeit nicht ohne die Mitwirkung des Beklagten (Mieters) auf die Mietsicherheit zugreifen zu können, nicht auf sich nehmen musste, sondern vom Beklagten (Mieter) erwarten durfte, an der praktischen Durchführung der Übertragung des Kautionsguthabens mitzuwirken, weil berechtige Interessen des Beklagten (Mieters) einer solchen Mitwirkung nicht entgegenstanden.
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b) Die Revision meint dagegen, eine Zustimmung zur Übertragung des verpfändeten Kautionsguthabens auf die Klägerin (Vermieterin) als neue Pfandgläubigerin sei dem Beklagten (Mieter) nicht zumutbar gewesen, weil er in diesem Fall die Voreigentümerin und ursprüngliche Vermieterin als (subsidiäre) Schuldnerin verloren hätte oder seine Zustimmung jedenfalls als Verzicht auf die subsidiäre Haftung des Veräußerers nach § 566a Satz 2 BGB hätte ausgelegt werden können. Das trifft nicht zu.
Mit einer Zustimmung des Mieters zur Übertragung der Kaution auf den Erwerber bestätigt der Mieter nur das, was gemäß § 566a Satz 1 BGB ohnehin kraft Gesetzes gilt. Daraus ist kein Verzicht des Mieters auf seine Rechte aus § 566a Satz 2 BGB gegen den ursprünglichen Eigentümer herzuleiten (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 10. Aufl., § 566a BGB Rn. 32 mwN). Die von der Revision angeführte Rechtsprechung, nach der eine Forthaftung des ursprünglichen Vermieters nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Veräußerer die Kaution auf Verlangen oder mit Zustimmung des Mieters weitergibt oder auf sonstige Weise zu erkennen gibt, dass er nunmehr allein den Erwerber als Rückzahlungspflichtigen ansieht (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1999 XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 163 mwN), betrifft andere Fallgestaltungen und bezieht sich auf die Rechtslage vor der Mietrechtsreform (Schmidt-Futterer/Streyl, aaO, Rn. 32, Fn. 94).
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c) Auch die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts, dass in der Rückgabe des verpfändeten Kautionsguthabens im vorliegenden Fall kein vermieterseitiger Verzicht auf die Kaution zu sehen ist, weist keinen Rechtsfehler auf. Sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.
Die Rückgabe der Kaution durch den Voreigentümer erfolgte, nachdem dem Beklagten (Mieter) mitgeteilt worden war, dass die Klägerin (Vermieterin) die Kaution für sich beanspruchte, und er vergeblich aufgefordert worden war, der Übertragung auf die Klägerin (Vermieterin) zuzustimmen.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Beklagte unter diesen Umständen die Freigabe der Kaution durch die Voreigentümerin nicht als vermieterseitigen Verzicht auf die der Klägerin (Vermieterin) gemäß § 566a Satz 1 BGB zustehende Kaution verstehen durfte. Denn für einen solchen Verzicht bestand hier auch aus der Sicht des Beklagten (Mieters) kein Anlass und kein Grund.
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Der Beklagte (Mieter) hat die Rückgabe der Kaution durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vermieterin) auch nicht als vermieterseitigen Verzicht auf die nunmehr der Klägerin (Vermieterin) zustehende Kaution missverstanden. Vielmehr hat er nach der Aufforderung, die Kaution nunmehr an die Klägerin (Vermieterin) zu leisten, dieser mitgeteilt, er werde ihr die Kaution nach Ablauf der Kündigungsfrist für das Kautionskonto übergeben.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2011
- VIII ZR 206/10 -
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