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Bundesgerichtshof Entscheidungen
Keine Herausgabe der nicht weitergeleiteten Mietkaution durch Zwangsverwalter, wenn Mieter selbst das Eigentum an der Mietsache durch Zuschlag in Zwangsversteigerung erwirbt - VIII ZR 189/09 -
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Juni 2010 entschieden:
ZVG § 152 Abs. 2
Der Zwangsverwalter einer Mietwohnung ist dem Mieter gegenüber zur Herausgabe einer Mietkaution, die der Vermieter vom Mieter erhalten, aber nicht an den Zwangsverwalter ausgehändigt hat, nicht verpflichtet, wenn das Mietverhältnis dadurch beendet wird, dass der Mieter das Eigentum an der Wohnung durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung selbst erwirbt.
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 4. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Sachverhalt (Tatbestand):
Die Klägerin (vormalige Mieterin) mietete mit Vertrag vom 1. März 1996 von dem damaligen Eigentümer M. eine Wohnung in H. . In der Folgezeit wechselten die Eigentümer der Wohnung. Der spätere Vollstreckungsschuldner R. erwarb die Wohnung mit Kaufvertrag vom 7. April 2004 zu einem Kaufpreis von 108.000 €. Das Amtsgericht Siegburg ordnete mit Beschluss vom 7. März 2007 die Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung bezüglich der Wohnung an und bestellte den Beklagten zum Zwangsverwalter. Dieser erhielt von dem Vollstreckungsschuldner keine Kaution ausgehändigt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 13. März 2008 wurde das Versteigerungsobjekt der Klägerin (Mieterin) als Meistbietender für 60.000 € zugeschlagen.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin (vormalige Mieterin) vom Beklagten (Zwangsverwalter) die Rückzahlung der nach ihrer Behauptung an M. geleisteten Mietkaution einschließlich der Kautionszinsen in Höhe von 1.550,75 € nebst Verzugszinsen sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung des Beklagten (Zwangsverwalters) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin (vormalige Mieterin) die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (LG Bonn, NZM 2009, 871) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin (vormalige Mieterin) habe gegen den Beklagten (Zwangsverwalter) keinen Anspruch auf Auszahlung der Mietkaution. Da der Beklagte (Zwangsverwalter) die Kaution nicht erhalten habe, könne sich der Anspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) nur aus § 152 Abs. 2 ZVG ergeben. Der Mietvertrag sei zwar nach dieser Vorschrift auch dem Beklagten als Zwangsverwalter gegenüber wirksam gewesen, so dass der Beklagte (Zwangsverwalter) auch die Kautionszahlung an den Vermieter gegen sich gelten lassen müsse. Voraussetzung für den Anspruch auf Kautionsrückzahlung sei jedoch, dass die Zwangsverwaltung jedenfalls zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs noch bestehe. Vorliegend habe jedoch die Zwangsverwaltung mit der Erteilung des Zuschlags geendet. Das Mietverhältnis sei sodann mit dem Zusammentreffen der Eigentümer- und der Mieterstellung in der Person der Klägerin beendet worden; es habe jedenfalls nicht vor dem Zuschlag und dem damit verbundenen Eigentumswechsel geendet. Dann aber könne auch kein Anspruch gegen den Zwangsverwalter bestehen, da dies voraussetze, dass der Verwalter der Mieterin bei Mietende noch wie ein Eigentümer gegenüberstehe.
Etwas anderes folge auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 566a BGB. Diese Ausnahmevorschrift solle lediglich sicherstellen, dass der jeweils letzte Eigentümer auch im Hinblick auf die Kaution vollständig in die Vermieterstellung eintrete, damit die Rechtsposition des Mieters nicht durch den Eigentumswechsel geschmälert werde. Der Beklagte als Zwangsverwalter sei jedoch nicht die letzte wie ein Vermieter zu behandelnde Person; vielmehr sei die Klägerin (vormalige Mieterin) selbst Eigentümerin geworden, und erst hierdurch sei das Mietverhältnis untergegangen. Das Gesetz sehe aber zu Recht nicht vor, dass zwischenzeitliche Eigentümer auch nach dem Verlust des Eigentums zur Rückzahlung der Kaution verpflichtet blieben, selbst wenn sie diese nicht erhalten hätten. Diese gesetzliche Wertung treffe auch auf den vorliegenden besonderen Fall zu.
Die Klägerin (vormalige Mieterin) werde auch nicht dadurch schlechter gestellt, dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, die Kaution von ihrem Gebot in der Zwangsversteigerung abzuziehen. Hierdurch werde sie nicht im Vergleich zu einem Ersteigerer benachteiligt, der nicht zuvor Mieter des Objekts gewesen sei, denn dieser hätte gemäß § 57 ZVG in Verbindung mit § 566a BGB ebenfalls einen Verlust in Höhe der Kaution hinnehmen müssen, wenn ein Mietverhältnis mit dem Schuldner als Vermieter später beendet worden wäre. Darüber hinaus habe der Erwerb der Immobilie im Wege der Zwangsversteigerung keinen Einfluss auf den Anspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) auf Rückzahlung der Kaution gegenüber demjenigen, der sie tatsächlich erhalten habe. Lediglich das Insolvenz- und Vollstreckungsrisiko liege insoweit bei der Klägerin (vormaligen Mieterin) und nicht bei dem Zwangsverwalter.
Da ein Anspruch auf Auszahlung der Kaution nicht gegeben sei, bestehe auch kein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt, dass der Beklagte (Zwangsverwalter) keine Rückstellung im Hinblick auf die Kaution gebildet habe.
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II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die gegen den Beklagten als ehemaligen Zwangsverwalter gerichtete Klage auf Auszahlung einer nach dem Vorbringen der Klägerin (vormaligen Mieterin) an den ursprünglichen Vermieter geleisteten Mietkaution hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings verkannt, dass die Klage, soweit sie auf einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch aus dem Mietverhältnis in Verbindung mit § 152 Abs. 2 ZVG gestützt wird, nicht unbegründet, sondern wegen fehlender Prozessführungsbefugnis des Beklagten (Zwangsverwalters) bereits unzulässig ist. Darauf weist die Revisionserwiderung zutreffend hin.
Der Senat hat entschieden, dass ein Zwangsverwalter, der auf Rückgabe einer Mietsicherheit klageweise in Anspruch genommen wird, zur Führung des Prozesses nicht mehr befugt ist, wenn die Zwangsverwaltung vor Rechtshängigkeit der Streitsache aufgehoben worden ist; in diesem Fall ist die Klage als unzulässig abzuweisen (Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - VIII ZR 301/03, WuM 2005, 463, unter II 1 und 2). Diese Voraussetzungen, die das Revisionsgericht abweichend von § 559 Abs. 1 ZPO selbständig festzustellen hat (Senatsurteil, aaO, unter II 1), sind hier erfüllt.
a) Nach Aufhebung der Zwangsverwaltung kann der ehemalige Zwangsverwalter als Partei kraft Amtes für Ansprüche des Mieters, die vom Zwangsverwalter nicht erfüllt worden sind, nicht mehr gerichtlich in Anspruch genommen werden; dies gilt auch für einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution. Die Ansprüche des Mieters aus dem Mietverhältnis sind nach Aufhebung der Zwangsverwaltung entweder wieder gegen den vormaligen Vollstreckungsschuldner zu richten, dessen Stellung als Vermieter nur für die Dauer der Zwangsverwaltung gemäß § 152 Abs. 2 ZVG auf den Zwangsverwalter übergegangen ist, oder - bei einem Eigentumswechsel im Rahmen der Zwangsversteigerung - gegen den Erwerber, der als neuer Eigentümer in ein bei Erteilung des Zuschlags noch nicht beendetes Mietverhältnis gemäß §§ 566 ff. BGB in Verbindung mit § 57 ZVG eintritt (Senatsurteil, aaO, unter II 2).
b) Im vorliegenden Fall wurde die Zwangsverwaltung mit Beschluss vom 8. April 2008, der dem Beklagten (Zwangsverwalter) am 10. April 2008 zugegangen ist, aufgehoben. Zu diesem Zeitpunkt entfiel somit die passive Prozessführungsbefugnis des Beklagten (Zwangsverwalters) für einen etwaigen Anspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) auf Rückzahlung der Mietkaution, den die Klägerin (vormalige Mieterin) mit der am 16. Juli 2008 dem Beklagten (Zwangsverwalter) zugestellten Klage geltend gemacht hat. An der fehlenden passiven Prozessführungsbefugnis des Beklagten (Zwangsverwalters) nach Aufhebung der Zwangsverwaltung ändert sich nichts dadurch, dass durch den Zuschlag vom 13. März 2008 nicht ein Dritter, sondern die Klägerin (vormalige Mieterin) selbst das Eigentum an der Wohnung in der Zwangsversteigerung erworben hat.
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2. Die Klage ist auch nicht, wie die Revision meint, unter dem Gesichtspunkt zulässig und begründet, dass der Beklagte (Zwangsverwalter) persönlich der Klägerin (vormaligen Mieterin) gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet wäre (§ 154 ZVG). Die Revision begründet dies damit, dass der Beklagte als Zwangsverwalter gemäß § 155 ZVG verpflichtet gewesen wäre, die Auszahlung der Mietkaution an die Klägerin (vormalige Mieterin) als Verwaltungsaufgabe vorweg zu bestreiten und dafür entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Auch unter diesem Gesichtspunkt hat die Klage keinen Erfolg. Ein Verstoß gegen § 155 ZVG liegt nicht vor, weil ein Anspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) gegen den Beklagten (Zwangsverwalter) auf Auszahlung der Mietkaution nicht entstanden ist.
Bis zum Zuschlag in der Zwangsversteigerung bestand ein Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten (Zwangsverwalter) aus § 152 Abs. 2 ZVG in Verbindung mit dem Mietvertrag schon deshalb nicht, weil das Mietverhältnis bis dahin nicht beendet war. Auch durch den der Klägerin (vormaligen Mieterin) erteilten Zuschlag wurde ein solcher Anspruch gegenüber dem Beklagten (Zwangsverwalter) nicht begründet.
a) Ein Anspruch auf Kautionsrückzahlung gegen einen Zwangsverwalter kann durch den Zuschlag nicht begründet werden. Denn der Zuschlag in der Zwangsversteigerung führt nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses, sondern zu dessen Fortsetzung mit dem Ersteher, der gemäß § 57 ZVG in Verbindung mit §§ 566 ff. BGB an Stelle des Vollstreckungsschuldners in das Mietverhältnis eintritt. Mit dem Zuschlag endet lediglich das Mietverhältnis mit dem Vollstreckungsschuldner und damit zugleich auch die dem Zwangsverwalter gemäß § 152 Abs. 2 ZVG vorübergehend zugewiesene Vermieterposition. An die Stelle des für den Vollstreckungsschuldner handelnden Zwangsverwalters tritt aber der Ersteher als neuer Vermieter. Durch den Zuschlag entsteht daher kein Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber dem Vollstreckungsschuldner beziehungsweise dem Zwangsverwalter als bisherigem Vermieter.
b) Daran ändert sich nichts dadurch, dass mit dem Zuschlag im vorliegenden Fall nicht ein Dritter, sondern die Klägerin (vormalige Mieterin) das Eigentum an der Mietwohnung erworben hat. Auch die Klägerin (vormalige Mieterin) trat mit dem Zuschlag gemäß § 57 ZVG in Verbindung mit §§ 566 ff. BGB an Stelle des Vollstreckungsschuldners und des als Zwangsverwalter handelnden Beklagten in das Mietverhältnis ein, so dass der Beklagte (Zwangsverwalter) mit dem Zuschlag aus seiner Vermieterposition ausschied, ohne dass dadurch ein Kautionsrückzahlungsanspruch gegen ihn begründet wurde.
Ansprüche aus dem durch den Zuschlag nicht beendeten Mietverhältnis richteten sich vom Zuschlag an gegen den Ersteher, das heißt im vorliegenden Fall gegen die Klägerin (vormalige Mieterin) selbst. Da sich aber mit dem Zuschlag die Parteien des Mietvertrags in der Person der Klägerin (vormaligen Mieterin) vereinigten, erlosch das Mietverhältnis der Klägerin (vormaligen Mieterin) insgesamt durch Konfusion (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 13/08, NJW 2009, 1076, Tz. 16). Damit erlosch auch ein etwaiger - durch die Beendigung des Mietverhältnisses aufschiebend bedingter - Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) gegen sich selbst.
Anstelle des erloschenen Kautionsrückzahlungsanspruchs konnte kein neuer Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) gegenüber dem Beklagten (Zwangsverwalter) entstehen. Denn durch den Zuschlag war lediglich der Beklagte (Zwangsverwalter) aus seiner Vermieterposition ausgeschieden, nicht aber das Mietverhältnis insgesamt beendet worden. Die durch § 57 ZVG angeordnete Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Ersteher ist gerade die Voraussetzung dafür, dass das Mietverhältnis im vorliegenden Fall infolge des Eintritts der Klägerin (vormaligen Mieterin) in die Vermieterposition erlosch. Die Beendigung des Mietverhältnisses war nicht die Rechtsfolge des Zuschlags, sondern des Zusammenfallens von Mieter und Vermieter in der Person der Klägerin (vormaligen Mieterin).
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c) Dieses Ergebnis wird auch, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, der Interessenlage gerecht. Die Klägerin (vormalige Mieterin) steht in ihrer Position als neue Eigentümerin der Mietwohnung wirtschaftlich nicht schlechter da als ein Dritter im Falle der Zuschlagserteilung an ihn gestanden hätte. Ein solcher Ersteher wäre gemäß § 57 ZVG, § 566a BGB dem aufschiebend bedingten Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) ausgesetzt gewesen und hätte nicht die von der Klägerin (vormaligen Mieterin) für sich beanspruchte Möglichkeit gehabt, den in der Zwangsversteigerung zu zahlenden Preis für die Wohnung durch Inanspruchnahme des Zwangsverwalters um den Kautionsbetrag zu mindern. Es besteht kein Grund, die Klägerin (vormalige Mieterin) als neue Eigentümerin insoweit besser zu stellen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin (vormalige Mieterin) Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gegenüber demjenigen ihrer früheren Vermieter hat, der sie nach ihrem Vorbringen erhalten hat. Dieser Anspruch der Klägerin als bisherige Mieterin gegen den früheren Vermieter, der die Kaution in Händen hat, wird durch das Erlöschen des Mietverhältnisses infolge Konfusion nicht berührt.
3. Auch ein Anspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) aus § 566a Satz 2 BGB, § 152 Abs. 2 ZVG ist gegenüber dem Beklagten (Zwangsverwalter) nicht entstanden. Nach dieser Bestimmung ist der bisherige Vermieter weiterhin zur Rückgewähr verpflichtet, wenn der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses die Sicherheit von dem Ersteher als neuem Vermieter nicht erlangen kann. Die subsidiäre Haftung des früheren Vermieters setzt das Bestehen des Anspruchs gegen den neuen Vermieter voraus. Daran fehlt es hier, weil der Anspruch der Klägerin (vormaligen Mieterin) auf Rückgewähr der Mietkaution aufgrund des Erwerbs der Wohnung durch die Klägerin (vormalige Mieterin) selbst infolge Konfusion erloschen ist.
BGH, Urteil vom 9. Juni 2010
- VIII ZR 189/09 -
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