Bundesgerichtshof Entscheidungen

Zur Bindungswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung auf Rückgabe der Mietsache auf nachfolgende Entscheidung gegenüber Dritten - VIII ZR 6/09 -


Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im April 2010 folgende Entscheidung verkündet:

BGB § 546 Abs. 2; ZPO § 325

Die Rechtskraft der gegen den Mieter ergangenen Entscheidung über den Rückgabeanspruch des Vermieters aus § 546 Abs. 1 BGB hat hinsichtlich der Frage der Beendigung des Mietverhältnisses keine Bindungswirkung für eine nachfolgende Entscheidung über den gegen den Dritten gerichteten Rückgabeanspruch aus § 546 Abs. 2 BGB (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - XII ZR 178/03, NJW-RR 2006, 1385).


Tenor:

Die Revision des Beklagten zu 2 gegen das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 18. November 2008 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 2 hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen


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Sachverhalt (Tatbestand):

Die Beklagte zu 1 (Mieterin) mietete eine Wohnung der Klägerin (Vermieterin) in Berlin. Sie nahm den Beklagten zu 2, ihren Lebensgefährten, in die Wohnung auf. Die monatliche Bruttomiete beträgt 394,82 €.


Mit Schreiben vom 15. November 2006 kündigte die Klägerin (Vermieterin) das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1 (Mieterin) fristlos wegen der bis einschließlich November 2006 aufgelaufenen Mietrückstände in Höhe von 801,46 €. Diesen Betrag zahlte die Beklagte zu 1 (Mieterin) am 5. Dezember 2006. Das Mietverhältnis wurde fortgesetzt. Mit Schreiben vom 11. Mai 2007 sprach die Klägerin (Vermieterin) erneut die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen der seit der vorangegangenen Kündigung entstandenen Mietrückstände in Höhe von 825,10 € aus.


Mit der am 30. Juni 2007 der Beklagten zu 1 (Mieterin) zugestellten Klage hat die Klägerin (Vermieterin) die Herausgabe der Wohnung begehrt. Die Beklagte zu 1 (Mieterin) zahlte am 4. Juli 2007 den der Kündigung vom 11. Mai 2007 zugrunde liegenden Mietrückstand von 825,10 €.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin (Vermieterin) hat das Landgericht der im Berufungsverfahren gegen den Beklagten zu 2 erweiterten Räumungsklage hinsichtlich beider Beklagter (Mieter) stattgegeben.

Der Beklagte zu 2 (Lebensgefährte der Mieterin) erstrebt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Abweisung der gegen ihn gerichteten Räumungsklage.


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Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten zu 2 (Lebensgefährten der Mieterin) hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2009, 198) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Klage sei gegenüber der Beklagten zu 1 (Mieterin) aus § 546 Abs. 1, § 985 BGB und gegenüber dem Beklagten zu 2 (Lebensgefährten) aus § 546 Abs. 2 BGB begründet. Die fristlose Kündigung vom 11. Mai 2007 habe das Mietverhältnis beendet. Die Begleichung des Rückstands innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB habe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 11. Mai 2007 geführt. Denn dieser Kündigung sei innerhalb des in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB genannten Zeitraums von zwei Jahren die nach Satz 1 dieser Vorschrift unwirksam gewordene Kündigung vom 15. November 2006 vorausgegangen.


Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses vom 15. November 2006 sei zunächst wirksam gewesen, aber durch die am 5. Dezember 2006 seitens der Beklagten zu 1 (Mieterin) erfolgte Zahlung in Höhe von 801,42 € innerhalb der in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB genannten Schonfrist unwirksam geworden. Dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) bis zu diesem Zeitpunkt die Miete für den laufenden Monat Dezember nicht beglichen habe, stehe der Heilung nicht entgegen. Denn der Anspruch auf Zahlung der Miete sei am 5. Dezember 2006 noch nicht fällig gewesen. Sei die Miete - wie hier - spätestens bis zum dritten Werktag eines jeden Monats zu entrichten, bleibe der Samstag bei der Berechnung des Dreitageszeitraums auch dann außen vor, wenn er nicht auf den letzten Tag der Frist falle. Denn der Samstag sei grundsätzlich nicht Werktag im Sinne des § 556b Abs. 1 BGB. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB.


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II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Der Beklagte zu 2 (Lebensgefährte) ist gemäß § 546 Abs. 2 BGB zur Rückgabe der von der Beklagten zu 1 (Mieterin) gemieteten Wohnung verpflichtet. Denn das zwischen der Klägerin (Vermieterin) und der Beklagten zu 1 (Mieterin) begründete Mietverhältnis ist durch die auf Mietrückstände gestützte fristlose Kündigung vom 11. Mai 2007 beendet worden.


1. Der Beklagte zu 2 ist durch die Rechtskraft der Entscheidung des Berufungsgerichts über den gegen die Beklagte zu 1 (Mieterin) gerichteten Rückgabeanspruch aus § 546 Abs. 1 BGB nicht daran gehindert, mit der von ihm eingelegten Revision geltend zu machen, dass das Mietverhältnis zwischen der Klägerin (Vermieterin) und der Beklagten zu 1 (Mieterin) entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht beendet sei. Denn die Rechtskraft der gegen den Mieter ergangenen Entscheidung über den Rückgabeanspruch des Vermieters aus § 546 Abs. 1 BGB hat, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, hinsichtlich der Frage der Beendigung des Mietverhältnisses keine Bindungswirkung für eine nachfolgende Entscheidung über den gegen den Dritten gerichteten Rückgabeanspruch aus § 546 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - XII ZR 178/03, NJW-RR 2006, 1385, Tz. 26 ff.; vgl. auch MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., § 325 Rdnr. 86; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 325 Rdnr. 94; Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 325 Rdnr. 18; Prütting/Gehrlein/Völzmann-Stickelbrock, ZPO, § 325 Rdnr. 32; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 325 Rdnr. 34; Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 546 Rdnr. 24; Schack, NJW 1988, 865, 871; aA Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 325 Rdnr. 38; ebenso zu § 556 BGB aF: Blomeyer, Zivilprozessrecht, Erkenntnisverfahren, 2. Aufl., § 93 III 2 b.; Häsemeyer, ZZP 101 [1988], 385, 404; Bettermann, Die Vollstreckung des Zivilurteils in den Grenzen seiner Rechtskraft, S. 217 ff.; ders. in: Festschrift Baur [1981], S. 273 ff., 283 f.; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., § 47 VI 2 c).


Der Senat schließt sich der Auffassung des XII. Zivilsenats an. Er sieht keinen Anlass, davon im vorliegenden Fall abzuweichen. Die Revision des Beklagten zu 2 (Lebensgefährten) ist daher nicht bereits wegen der Rechtskraft der Entscheidung über den gegen die Beklagte zu 1 (Mieterin) gerichteten Rückgabeanspruch unbegründet. Sie hat aber aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Erfolg.


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2. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die fristlose Kündigung vom 11. Mai 2007 wegen Zahlungsverzugs der Beklagten zu 1 (Mieterin) (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) gerechtfertigt war. Dies wird auch von der Revision nicht angegriffen.


3. Die Kündigung ist nicht gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass diese Schutzvorschrift zugunsten des Mieters im vorliegenden Fall gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB nicht eingreift.


a) Die Voraussetzungen des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB für eine Unwirksamkeit der Kündigung vom 11. Mai 2007 sind allerdings erfüllt. Nach dieser Bestimmung wird eine auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird. Dies ist hier mit der am 4. Juli 2007 von der Beklagten zu 1 (Mieterin) geleisteten Zahlung in Höhe von 825,10 € geschehen. Denn diese Zahlung, die zur vollständigen Befriedigung der Klägerin (Vermieterin) hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB führte, lag innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB. Dies ist zwischen den Parteien nicht im Streit.


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b) Gleichwohl ist die Kündigung vom 11. Mai 2007 durch die am 4. Juli 2007 erfolgte Zahlung nicht unwirksam geworden, weil die Ausnahmeregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB dem entgegensteht.


Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB wird eine Kündigung nicht nach Satz 1 dieser Bestimmung unwirksam, wenn ihr vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist. Diese Voraussetzung ist hier im Hinblick auf die der Kündigung vom 11. Mai 2007 vorangegangene Kündigung vom 15. November 2006 erfüllt. Letztere war bereits durch Zahlung der Rückstände innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB vor der Kündigung vom 11. Mai 2007 unwirksam geworden, so dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) keine Möglichkeit mehr hatte, die nachfolgende Kündigung vom 11. Mai 2007 durch erneute Zahlung der Rückstände wiederum unwirksam werden zu lassen.


aa) Das Berufungsgericht hat allerdings verkannt, dass die von der Beklagten zu 1 (Mieterin) am 5. Dezember 2006 geleistete Zahlung in Höhe von 801,46 € noch nicht zur vollständigen Befriedigung der Klägerin (Vermieterin) hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB und damit auch noch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 15. November 2006 geführt hatte. Mit dieser Zahlung hatte die Beklagte zu 1 (Mieterin) lediglich die der Kündigung zugrunde liegenden, bis November 2006 aufgelaufenen Mietrückstände beglichen, nicht aber die als Entschädigung (§ 546a Abs. 1 BGB) bereits fällige Miete für den Monat Dezember 2006. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Dezember-Miete sei noch nicht am 5. Dezember 2006, sondern erst mit Ablauf dieses Tages - also nach dem 5. Dezember 2006 - fällig geworden, trifft nicht zu. Auf die vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage, ob der Sonnabend als Werktag im Sinne des § 556b Abs. 1 BGB anzusehen ist, kommt es hierfür nicht an. Denn das Berufungsurteil ist unabhängig davon nicht richtig, weil das Berufungsgericht zu Unrecht den Eintritt der Fälligkeit mit dem Eintritt des Verzugs gleichgesetzt hat.


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Nach dem Mietvertrag war die Miete - nicht anders als in § 556b Abs. 1 BGB vorgesehen - spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats zu entrichten. Da der 1. Dezember 2006 ein Freitag war, fiel der dritte Werktag auch dann, wenn der Sonnabend, wie das Berufungsgericht gemeint hat, nicht als Werktag anzusehen wäre, auf Dienstag, den 5. Dezember 2006. An diesem Tag, das heißt mit dessen Beginn und nicht erst mit Ablauf dieses Tages, wurde die Miete fällig. Mit Ablauf des 5. Dezember, das heißt am 6. Dezember 2006, trat nicht erst die Fälligkeit, sondern bereits der Verzug ein. Da die Beklagte zu 1 (Mieterin) am 5. Dezember 2006 nur die Mietrückstände der vergangenen Monate zahlte, nicht aber die an diesem Tag fällig gewordene Miete für Dezember 2006, wurde die Kündigung vom 15. November 2006 noch nicht aufgrund der Zahlung vom 5. Dezember 2006 gemäß § 563 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam.


bb) Die Beklagte zu 1 (Mieterin) hat jedoch die ausstehende Zahlung der Miete für Dezember 2006 rechtzeitig - vor Eintritt der Fälligkeit für die Januar-Miete - nachgeholt und dadurch gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB die Unwirksamkeit der Kündigung vom 15. November 2006 herbeigeführt. Nach dem von der Klägerin (Vermieterin) als Anlage K 1 vorgelegten, unstreitigen Kontoauszug wurde am 3. Januar 2007 eine Gutschrift von 397,32 € auf dem das Mietverhältnis der Beklagten zu 1 (Mieterin) betreffenden Konto der Klägerin (Vermieterin) verbucht. Bei diesem Betrag handelt es sich um die ausstehende Mietzahlung für Dezember 2006 in Höhe von 394,82 € zuzüglich der von der Klägerin (Vermieterin) im Kontoauszug als Forderung ausgewiesenen Mahngebühren von 2,50 €. Damit war die zu diesem Zeitpunkt fällige Mietschuld der Beklagten zu 1 (Mieterin) vollständig ausgeglichen und die Kündigung vom 15. November 2006 nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden. Die Miete für den Monat Januar 2007 war am 3. Januar 2007 noch nicht fällig geworden.


(1) Zwar ist der Anlage K 1 nicht zu entnehmen, dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) bei ihrer Zahlung ausdrücklich bestimmt hatte, damit die Dezember-Miete tilgen zu wollen (§ 366 Abs. 1 BGB). Das ist aber auch nicht erforderlich. Ausreichend ist eine dahingehende konkludente Tilgungsbestimmung. Eine solche liegt hier nach den Umständen jedenfalls vor. Der Senat ist nicht daran gehindert, den insoweit unstreitigen Sachverhalt selbst zu würdigen, weil das Berufungsgericht hierzu - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat.


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Für die Klägerin stellte sich die am 3. Januar 2007 gutgeschriebene Zahlung der Beklagten (Mieterin) in Höhe von 397,32 € als Zahlung auf die rückständige Dezember-Miete dar. Denn die Beklagte (Mieterin) zahlte mit der Miete von 394,82 € zugleich die Mahngebühren in Höhe von 2,50 €. Dies ergab aus der Sicht der Klägerin (Vermieterin) nur Sinn, wenn die Beklagte zu 1 (Mieterin) mit der am 3. Januar 2007 bei der Klägerin gutgeschriebenen Zahlung - entsprechend der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge (§ 366 Abs. 2 BGB) - die Dezember-Miete, mit der sie in Verzug geraten war, einschließlich der dafür angefallenen Mahngebühren begleichen wollte und nicht die Januar-Miete, die an diesem Tag noch nicht fällig war und für die erst recht noch keine Mahngebühren zu zahlen waren.


Auch das damalige Interesse der Beklagten zu 1 (Mieterin), der fristlosen Kündigung vom 15. November 2006 die Wirksamkeit zu nehmen, sprach - für die Klägerin (Vermieterin) erkennbar - dafür, dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) mit der am 3. Januar 2007 verbuchten Zahlung die fällige Dezember-Miete tilgen wollte und nicht die noch nicht fällige Januar-Miete. Die Beklagte zu 1 (Mieterin) hatte am 5. Dezember 2006 die gesamten Mietrückstände in Höhe von 801,46 €, die der fristlosen Kündigung vom 15. November 2006 zugrunde lagen, ersichtlich in dem Bemühen gezahlt, die fristlose Kündigung damit hinfällig werden zu lassen. Da jedoch die Unwirksamkeit der Kündigung allein aufgrund dieser Zahlung noch nicht eintreten konnte, weil die Beklagte zu 1 (Mieterin) die am 5. Dezember 2006 bereits fällig gewordene Dezember-Miete noch nicht gezahlt hatte, lag es in deren Interesse, die Unwirksamkeit der Kündigung durch Zahlung der Dezember-Miete am 3. Januar 2007 - vor Fälligkeit der Januar-Miete - noch rechtzeitig herbeizuführen.


(2) Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2 (Lebensgefährten) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, es sei mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszuschließen, dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) bei der Anfang Januar 2007 geleisteten Zahlung entgegen § 366 Abs. 2 BGB ausdrücklich bestimmt habe, dass mit dieser Zahlung nicht die Dezember-Miete, sondern die noch nicht fällige Januar-Miete habe getilgt werden sollen, so dass - dies unterstellt - rechtzeitige Befriedigung der Klägerin (Vermieterin) hinsichtlich der Dezember-Miete durch diese Zahlung nicht eingetreten und die Kündigung vom 15. November 2006 damals noch nicht unwirksam geworden sei, gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die in den Raum gestellte theoretische Möglichkeit einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung, die einer sich nach den Umständen aufdrängenden konkludenten Tilgungsbestimmung (oben unter (1)) und der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge (§ 366 Abs. 2 BGB) entgegenstehen und dem damaligen Interesse der Beklagten zu 1 (Mieterin) an einem Unwirksamwerden der Kündigung vom 15. November 2006 zuwider laufen würde, liegt so fern, dass das Berufungsgericht dem nicht nachzugehen hat.


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Die Beklagten (Mieter) haben in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet, dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) bei der Anfang Januar 2007 geleisteten Zahlung etwa eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung getroffen hätte, die von der abweicht, die nach den Umständen anzunehmen ist und der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge (§ 366 Abs. 2 BGB) entspricht. Der Vortrag der Beklagten zu 1 (Mieterin) in der Klageerwiderung spricht im Gegenteil dafür, dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) mit der Zahlung vom 3. Januar 2007 die rückständige Dezember-Miete hat tilgen wollen. Darin heißt es unter Bezugnahme auf den auch diese Zahlung ausweisenden Kontoauszug der Klägerin (Vermieterin), die Beklagte zu 1 (Mieterin) habe trotz all ihrer Schwierigkeiten "spätestens in den Folgemonaten alle offenen Mietbeträge stets ausgeglichen. Siehe Anlage K1 und K2 der Klägerin". Das Vorbringen der Beklagten zu 1 (Mieterin), offene Mietbeträge "stets" ausgeglichen zu haben, deutet darauf hin, dass die Beklagte zu 1 (Mieterin) auch mit der am 3. Januar 2007 bei der Klägerin (Vermieterin) eingegangenen Zahlung - entsprechend der Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB - den Rückstand mit der Dezember-Miete hat ausgleichen wollen und nicht etwa beabsichtigte, die an diesem Tag noch nicht fällig gewordene Miete für Januar 2007 im Voraus zu bezahlen.


BGH, Urteil vom 21. April 2010

- VIII ZR 6/09 -


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