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Bundesgerichtshof Entscheidungen
Kündigung wegen Eigenbedarfs bei gemischten Mietverhältnissen (Wohnraum und Gewerberaum) - VIII ZR 14/15 -
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1.7.2015 folgende Entscheidung verkündet:
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 2
Bei einem einheitlichen Mischmietverhältnis, das wegen überwiegender Wohnnutzung als Wohnraummietverhältnis anzusehen ist, braucht sich ein vom Vermieter geltend gemachter Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen.
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II - 12. Zivilkammer - vom 23. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
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Sachverhalt (Tatbestand):
Die Beklagten (Mieter) mieteten vom Kläger (Vermieter) mit Vertrag vom 1. September 1996 ein ehemals landwirtschaftliches Anwesen (geräumiges Bauernhaus mit Nebenräumen). Sie nutzen das Wohnhaus und die weiteren Nutzflächen vertragsgemäß teils zu Wohnzwecken und teils gewerblich für ein Ladengeschäft zur Raumausstattung.
Der Kläger (Vermieter) kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 15. April 2012 wegen Eigenbedarfs, den er mit dem Wunsch begründete, seiner 28-jährigen Tochter und der 7-jährigen Enkelin, die beide noch in seinem Haushalt lebten, eine eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen.
Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen, das Landgericht hat ihr unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten (Mieter) die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Das einheitliche Mietverhältnis sei insgesamt als Mietverhältnis über Wohnraum einzuordnen, weil der Schwerpunkt bei der Nutzung des Wohnraums liege. Der Kläger (Vermieter) habe den geltend gemachten Eigenbedarf auch nachgewiesen. Der Kündigung des einheitlichen Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs stehe es nicht entgegen, dass die Eigenbedarfspersonen nur die Wohnräume nutzen wollten und ein Bedarf bezüglich der gewerblich genutzten Flächen nicht bestehe. Auf die gewerblich genutzten Flächen könne insoweit nicht abgestellt werden, auch nicht bei der Beurteilung eines etwaigen "übermäßigen Bedarfs", denn das würde zu einer faktischen und mit der Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG nicht vereinbaren Unmöglichkeit einer Eigenbedarfskündigung bei einem als Wohnraummiete zu qualifizierenden Mischmietverhältnis führen. Die von den Beklagten (Mietern) angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 1993 (1 BvR 25/93 und 1 BvR 162/92) rechtfertigten keine andere Beurteilung, denn dort sei lediglich ausgeführt, dass eine Beschränkung der Eigenbedarfskündigung auf die Fälle, in denen die ganze Wohnung benötigt werde, nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verstoße; hier benötige der Kläger (Vermieter) aber gerade sämtliche Wohnräume für seine Tochter und die Enkelin. Da die Beklagten (Mieter) die streitigen Räume nur mit zwei Personen bewohnten, könnten sie dem Kläger (Vermieter), der die Wohnung seiner Tochter und der Enkelin zur Verfügung stellen wolle, ohnehin nicht entgegenhalten, dieser beanspruche einen "übermäßigen Bedarf".
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II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
Dem Kläger (Vermieter) steht gemäß § 546 BGB ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des den Beklagten (Mietern) vermieteten Anwesens zu, weil die von ihm mit Schreiben vom 15. April 2012 erklärte Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB begründet ist und somit das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet hat.
a) Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses, wenn er die Räume als Wohnung für sich oder einen Angehörigen benötigt. Diese Voraussetzung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfüllt, wenn der Wunsch des Vermieters, die Wohnung einem Angehörigen zur Verfügung zu stellen, auf vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen beruht (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - VIII ARZ 4/87, BGHZ 103, 91, 100; Senatsurteil vom 4. März 2015 - VIII ZR 166/14, NJW 2015, 1590 Rn. 14 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Wunsch des Klägers (Vermieters), die von den Beklagten (Mietern) bewohnten Räume seiner bisher noch im Haus der Eltern untergebrachten Tochter und deren Kind zwecks Begründung eines eigenen Hausstandes zur Verfügung zu stellen, diese Voraussetzung erfüllt.
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b) Entgegen der Auffassung der Revision ist es unerheblich, dass die Tochter des Klägers (Vermieters) lediglich die Wohnräume nutzen will und keinen Bedarf an einer Nutzung der übrigen, von den Beklagten (Mietern) für ihr Ladengeschäft benutzten Räume hat. Denn bei einem Mischmietverhältnis, das nach den unangegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen insgesamt als Wohnraummietverhältnis einzustufen ist, braucht sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, der Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen.
Zwar ist auch ein solches Mietverhältnis nur in seiner Gesamtheit nach den Kündigungsvorschriften für Wohnraum kündbar (Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 - VIII ZR 251/10, NJW 2012, 224 Rn. 11). Das besagt aber nicht, dass ein nach § 573 Abs. 1 BGB für die Kündigung erforderliches berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, insbesondere ein Eigenbedarf im Sinne von Absatz 2, sich auch auf die gewerblich genutzten Räumlichkeiten beziehen muss. Denn der mit dieser Vorschrift auf den Mieter von Wohnraum zugeschnittene Schutz schließt eine in das Mietverhältnis mit aufgenommene gewerbliche Nutzung der Mietsache nicht ein. Bei gewerblich oder geschäftlich genutzten Räumen hängt die Befugnis des Vermieters zur ordentlichen Kündigung gerade nicht vom Vorliegen eines berechtigten Interesses (§ 573 Abs. 1 BGB) ab.
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Die von der Revision vertretene Auffassung, der Eigenbedarf des Vermieters müsse sich auch auf untergeordnete gewerblich genutzte Räume erstrecken, würde - wie auch das Berufungsgericht richtig gesehen hat - dazu führen, dass der Vermieter zwar berechtigterweise Eigenbedarf an den zu Wohnzwecken vermieteten Räumlichkeiten geltend machen könnte, damit aber gleichwohl regelmäßig scheitern müsste, weil er oder der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannte Personenkreis für sich keine Möglichkeiten zu einer (sinnvollen) gewerblichen Nachnutzung sieht und damit keinen entsprechenden gewerblichen Nutzungsbedarf geltend machen kann. Es besteht kein Anlass, das für Wohnraum zu Gunsten des Mieters eingerichtete hohe Schutzniveau wertungswidrig auf die nicht vergleichbar schutzwürdigen Teile des Mietverhältnisses in gewerblicher Nutzung zu erstrecken und damit für Mischmietverhältnisse eine Eigenbedarfskündigung im praktischen Ergebnis weitgehend auszuschließen.
c) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Eigenbedarfskündigung des Klägers (Vermieters) nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs unter dem Gesichtspunkt eines "weit überhöhten" Bedarfs entgegensteht. Zutreffend hat das Berufungsgericht dabei darauf abgestellt, dass die Beklagten (Mieter) diesen Einwand - unabhängig davon, wie groß die zu Wohnzwecken genutzten Flächen des Mietobjekts sind - schon deshalb nicht mit Erfolg erheben können, weil sie die Räume ebenfalls nur mit zwei Personen bewohnen.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2015
- VIII ZR 14/15 -
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