Bundesgerichtshof Entscheidungen

Behandlung anfänglich vorhandener Mietmängel im Urkundenprozess - VIII ZR 111/09 -


Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einer Entscheidung vom Oktober 2010 mit der Frage der Beweislast hinsichtlich der Beseitigung anfänglich vorhandener Mietmängel im Urkundenprozess beschäftigt.


Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16. April 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen


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Sachverhalt (Tatbestand):

Die Beklagten (Mieter) hatten im Juni 2005 mit der Rechtsvorgängerin des Klägers einen Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen. Der Kläger erwarb das Hausgrundstück im Jahre 2006 und trat in das Mietverhältnis als Vermieter ein.


Der Kläger (Vermieter) fordert im Urkundenprozess unter Vorlage des Mietvertrags für den Zeitraum Februar bis Mai 2007 924,40 € rückständige Miete nebst Zinsen. Die Beklagten (Mieter) sind der Ansicht, die Klage sei im Urkundenprozess unstatthaft, weil der Anspruch des Klägers (Vermieters) auf Mietzahlung durch Minderung wegen verschiedener Mängel der Mietsache, die teilweise bereits bei Einzug der Beklagten (Mieter) vorgelegen hätten, erloschen sei. Sie berufen sich hierzu auf die Kopie eines Übergabeprotokolls vom 10. Juni 2005, wonach bei Übergabe der Wohnung verschiedene Mängel bestanden hätten, deren Beseitigung zum Teil dem Vermieter oblegen habe.


Das Amtsgericht hat die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers (Vermieters) hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger (Vermieter) sein Klagebegehren weiter.


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Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei im Urkundenprozess unstatthaft.

Die beklagten Mieter machten geltend, die Wohnung sei von Anfang an mit Mängeln behaftet gewesen. Für die Richtigkeit dieses Vortrags spreche die vorgelegte Kopie des Übergabeprotokolls vom 10. Juni 2005, dessen Original sich nicht in den Händen der Beklagten (Mieter) befinde, da ihnen ausweislich eines Schreibens des früheren Verwalters vom 16. Juni 2005 seinerzeit lediglich eine Kopie übersandt worden sei. In dem Schreiben sei den Beklagten (Mieter) die Beseitigung verschiedener Mängel zugesagt worden.


Deshalb trage der Kläger (Vermieter) die Beweislast für die Behebung der Mängel mit den Beweismitteln des § 592 ZPO, der er nicht nachgekommen sei.


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II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft angesehen.


Nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen muss der Vermieter beweisen, dass er seine vertragliche Pflicht, dem Mieter die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen, erfüllt hat. Demgegenüber trägt nach Überlassung der Mietsache gemäß § 363 BGB grundsätzlich der Mieter die Beweislast dafür, dass die Mietsache zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wenn er die ihm überlassene Sache als Erfüllung angenommen hat (Senatsurteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 200/08, NJW 2009, 3099 Rn. 11 f.).


Die Vorschrift des § 363 BGB führt zu einer Beweislastumkehr (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 363 Rn. 3). Ihr liegt zugrunde, dass demjenigen, der eine Leistung als Erfüllung annimmt, die Beweislast obliegt, wenn er die Leistung später nicht mehr als die geschuldete gelten lassen will (Flatow, DWW 2008, 88, 91). Demzufolge ist die Klage des Vermieters im Urkundenprozess statthaft, wenn entweder unstreitig ist, dass der Mieter, der wegen behaupteter anfänglicher Mängel der Mietsache Minderung geltend macht oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebt, die Mietsache als Erfüllung angenommen hat, ohne die später behaupteten Mängel zu rügen, oder wenn der Vermieter ein solches Verhalten des Mieters durch Urkunden - etwa ein Übergabeprotokoll oder Kontoauszüge, aus denen sich ergibt, dass der Mieter zunächst die ungeminderte Miete gezahlt hat - beweisen kann (Senatsurteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 200/08, aaO Rn. 10 ff.). Beides ist hier indessen nicht der Fall.


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Das Berufungsgericht hat - von der Revision unangegriffen - festgestellt, dass die Wohnung den Beklagten (Mietern) am 15. Juni 2005 nicht mängelfrei übergeben worden ist, und sich hierzu auf ein Übergabeprotokoll, in dem Mängel der Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe aufgelistet werden, und ferner auf ein Schreiben der Hausverwaltung vom 16. Juni 2005, in dem die Beseitigung verschiedener Mängel zugesagt wird, gestützt. Die Beklagten (Mieter) haben die Wohnung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts daher nicht als Erfüllung angenommen, ohne die später behaupteten Mängel zu rügen.


Daran vermag auch der von der Revision hervorgehobene Umstand nichts zu ändern, dass die Beklagten (Mieter) die Miete bis einschließlich Januar 2007 ungekürzt gezahlt und erstmals für die Monate Februar bis Mai 2007 eine Mietminderung wegen der behaupteten Mängel geltend gemacht haben. Eine Indizwirkung dafür, dass die Wohnung bei der Übergabe an die Beklagten (Mieter) mangelfrei war oder dass Mängel von den Beklagten (Mietern) bei der Übergabe nicht gerügt wurden, kommt diesem Umstand nicht zu, weil das Gegenteil festgestellt ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist durch die Vorlage der Kontoauszüge auch nicht urkundlich bewiesen, dass die bei Übergabe der Wohnung beanstandeten Mängel vom damaligen Vermieter behoben worden sind.


BGH, Urteil vom 20. Oktober 2010

- VIII ZR 111/09 -


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