Bundesgerichtshof Entscheidungen

Zum Kündigungsrecht des Vermieters bei unerlaubter Untervermietung - VIII ZR 5/13 -


Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einer Entscheidung vom Dezember 2013 mit der Frage befasst, ob der Vermieter ein Mietverhältnis kündigen kann, wenn er eine zuvor erteilte Untervermietungserlaubnis widerruft, der Untermieter die Wohnung aber nicht sogleich räumt.


Der Beklagte mietete von dem Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1994 eine Wohnung in Berlin. Im Mietvertrag heißt es: "Eine Untervermietung bis zu zwei Personen ist gestattet. Diese Untervermietungsgenehmigung kann widerrufen werden. Bei Aufgabe der Wohnung sind die Untermieter zum gleichen Zeitpunkt zu entfernen".


Im Jahr 2010 erwarb die Klägerin (Vermieterin) das Eigentum an der Wohnung. Im Dezember 2011 widerrief sie die Untervermietungserlaubnis und kündigte zugleich das Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten (Mieter) wegen unerlaubter Untervermietung fristlos. Zu diesem Zeitpunkt führte der Beklagte (Mieter) im Anschluss an eine von ihm ausgesprochene Kündigung bereits einen Räumungsprozess gegen seine Untermieter, denen er seit 2002 die Wohnung untervermietet hatte. Im Februar 2012 kündigte die Klägerin (Vermieterin) das Mietverhältnis erneut.


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Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Klägerin (Vermieterin) abgewiesen, das Landgericht hat ihr stattgegeben. Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten hatte Erfolg. Der zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass der Beklagte (Mieter) seine vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag nicht verletzt hat und die Klägerin (Vermieterin) deshalb nicht gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB* zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt war. Dabei konnte offen bleiben, ob der Beklagte (Mieter), wie das Berufungsgericht angenommen hat, angesichts des Widerrufs der Untervermietungserlaubnis verpflichtet war, das Untermietverhältnis zu beenden und für eine einen Auszug der Untermieter zu sorgen. Denn der Beklagte (Mieter) hat im Anschluss an seine Kündigung einen Räumungsprozess gegen die Untermieter betrieben und damit alle rechtlich zulässigen und erforderlichen Schritte unternommen, um eine Beendigung des Untermietverhältnisses und einen Auszug der Untermieter herbeizuführen. Der Beklagte (Mieter) hat seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin (Vermieterin) auch nicht dadurch verletzt, dass er mit den Untermietern am 21. Februar/6. März 2012 einen Räumungsvergleich unter Bewilligung einer Räumungsfrist bis 30. Juni 2012 abschlossen hat. Denn mit der anderenfalls erforderlichen Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens hätte eine Räumung jedenfalls nicht deutlich früher erreicht werden können.


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* § 543 BGB

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund kündigen. (...)

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn (...)

2. der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache (...) unbefugt einem Dritten überlässt.


BGH, Urteil vom 4. Dezember 2013

- VIII ZR 5/13 –

Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 195/2013


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Langfassung der Entscheidung:

BGB § 553

Zu den Pflichten des Mieters nach Widerruf einer Untermieterlaubnis.


Tenor:

Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 14. Dezember 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 1 entschieden worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 28. März 2012 wird zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz verbleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts. Von den Kosten der zweiten Instanz haben die Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldner 50 % der Gerichtskosten, 28 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang zu tragen. Die übrigen Kosten der zweiten Instanz sowie die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen


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Sachverhalt (Tatbestand):

Der Beklagte zu 1 mietete im Jahr 1994 vom Rechtsvorgänger der Klägerin (Vermieterin) eine Wohnung in Berlin. Im Anhang zum Mietvertrag ist vorgesehen:

"Eine Untervermietung bis zu zwei Personen ist gestattet. Diese Untervermietungsgenehmigung kann widerrufen werden. Bei Aufgabe der Wohnung sind die Untermieter zum gleichen Zeitpunkt zu entfernen."


Der Beklagte zu 1 (Mieter) überließ die Wohnung ab Oktober 2002 aufgrund eines Untermietvertrages den Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter). Im Jahr 2010 erwarb die Klägerin (Vermieterin) die Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt führte der Beklagte zu 1 (Mieter) gegen die Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter) einen Räumungsprozess im Anschluss an eine Kündigung. Die Klägerin (Vermieterin) widerrief die Untervermietungserlaubnis und erklärte mit Schreiben vom 29. Dezember 2011 und vom 29. Februar 2012 die fristlose Kündigung des Mietvertrages gegenüber dem Beklagten zu 1 (Mieter) wegen unerlaubter Untervermietung. Der Beklagte zu 1 (Mieter) einigte sich mit den Beklagten zu 2 und 3 (Untermietern) am 21. Februar 2012, das Verfahren mit einem Räumungsvergleich zu beenden, der am 6. März 2012 gerichtlich protokolliert wurde und den Beklagten zu 2 und 3 (Untermietern) eine Räumungsfrist bis Ende Juni 2012 einräumte.


Die Klägerin (Vermieterin) hat die Beklagten (Mieter und Untermieter) auf Räumung in Anspruch genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage bezüglich der Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin (Vermieterin) hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und auch den Beklagten zu 1 (Mieter) zur Räumung verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte zu 1 (Mieter) die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.


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Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beklagte zu 1 (Mieter) sei gemäß § 546 BGB zur Räumung der Wohnung verpflichtet, weil die fristlose Kündigung der Klägerin (Vermieterin) vom 29. Februar 2012 das Mietverhältnis beendet habe. Der Widerruf der Erlaubnis zur Untervermietung sei dem Beklagten zu 1 (Mieter) jedenfalls am 7. Dezember 2011 zugegangen. Die Klägerin (Vermieterin) habe die 19 Jahre zuvor erteilte Untervermietungserlaubnis widerrufen dürfen, weil der Beklagte zu 1 (Mieter) - dem Zweck der Untervermietungserlaubnis zuwider - aus der Untervermietung zu einer höheren als der von ihm selbst zu zahlenden Miete Gewinn gezogen habe. Aus einer Gewinnerzielungsabsicht des Mieters lasse sich kein berechtigtes Interesse des Mieters an der Untervermietung herleiten. Dieses liege regelmäßig nur insoweit vor, als dem Mieter die Erfüllung der Mietzahlungspflicht gegenüber dem Vermieter ermöglicht oder erleichtert werden solle.


Dem Beklagten zu 1 (Mieter) falle eine schwerwiegende Pflichtverletzung zur Last, weil er die Gebrauchsüberlassung an die Untermieter ungeachtet der als Abmahnung zu wertenden Kündigung vom 29. Dezember 2011 nicht zeitnah beendet habe. Dass er mit den Untermietern am 21. Februar 2012 übereingekommen sei, das Untermietverhältnis im Wege des kurz darauf abgeschlossenen Vergleichs zu beenden, entlaste den Beklagten zu 1 (Mieter) nicht. Denn die unerlaubte tatsächliche Gebrauchsüberlassung sei damit noch nicht beendet gewesen. Die mit den Beklagten zu 2 und 3 (Untermietern) vereinbarte Räumungsfrist bis zum 30. Juni 2012 sei der Klägerin (Vermieterin) nicht zuzumuten gewesen. Dass dem Beklagten zu 1 (Mieter) wegen der "Langwierigkeit des Untermietverhältnisses" und der vollständigen Überlassung der Wohnung an die Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter) die Beendigung der Gebrauchsüberlassung so schnell nicht möglich gewesen sei, falle in seinen Risikobereich.


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II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Klägerin (Vermieterin) steht kein Räumungsanspruch gegen den Beklagten zu 1 (Mieter) zu, weil die von ihr erklärte Kündigung das Mietverhältnis nicht beendet hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fällt dem Beklagten (Mieter) eine Verletzung vertraglicher Pflichten nicht zur Last. Deshalb war die Klägerin (Vermieterin) nicht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 BGB berechtigt.


1. Dem Beklagten zu 1 (Mieter) war es, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, aufgrund der (widerruflichen) Untervermietungserlaubnis zunächst gestattet, die Wohnung im Wege der Untervermietung den Beklagten zu 2 und 3 (Untermietern) zu überlassen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung durfte der Beklagte zu 1 (Mieter) auch die gesamte Wohnung untervermieten, denn die ihm im Mietvertrag erteilte Erlaubnis enthielt weder eine Bezugnahme auf § 553 BGB noch eine Einschränkung dahin, dass nur ein Teil der Wohnung untervermietet werden durfte.


Eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 (Mieters) käme daher nur in Betracht, wenn er wegen des Widerrufs der Untervermietungserlaubnis verpflichtet gewesen wäre, für die Beendigung des Untermietverhältnisses und den umgehenden Auszug der Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter) zu sorgen, und er die danach erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen hätte. Jedenfalls an der letztgenannten Voraussetzung fehlt es.


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2. Das Berufungsgericht hat die im Mietvertrag zur Untervermietung enthaltenen Bestimmungen dahin ausgelegt, dass die Klägerin (Vermieterin) die Erlaubnis widerrufen kann, wenn auf Seiten des Beklagten zu 1 (Mieters) kein berechtigtes Interesse an der Untervermietung im Sinne des § 553 Abs. 1 BGB (mehr) besteht. Ob dem zu folgen ist oder ob - wie die Revision meint - der Widerruf darüber hinaus einen wichtigen Grund voraussetzt, bedarf hier keiner Entscheidung. Auch auf die weitere Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Widerruf einer Untervermietungserlaubnis zur Folge haben kann, dass der Mieter ein bereits bestehendes, aufgrund der früheren Erlaubnis rechtmäßig begründetes Untermietverhältnis zu beenden hat, kommt es nicht entscheidend an.


Denn jedenfalls hat der Beklagte zu 1 (Mieter) - unabhängig von einer entsprechenden Verpflichtung der Klägerin (Vermieterin) gegenüber - alle erforderlichen Schritte unternommen, um eine Beendigung des Untermietverhältnisses und einen Auszug der Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter) herbeizuführen. Er hat im Anschluss an seine Kündigung einen Räumungsprozess gegen die Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter) betrieben. Dass der Beklagte zu 1 (Mieter) eine (legale) Möglichkeit gehabt hätte, innerhalb weniger W ochen eine Räumung durchzusetzen, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Anders als das Berufungsgericht offenbar meint, hat der Beklagte zu 1 (Mieter) seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin (Vermieterin) auch nicht dadurch verletzt, dass er mit den Beklagten zu 2 und 3 (Untermietern) den Räumungsvergleich vom 21. Februar/6. März 2012 abgeschlossen hat. Denn mit der anderenfalls erforderlichen Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens hätte eine Räumung jedenfalls nicht deutlich früher erreicht werden können. Bei dem Räumungsvergleich handelte es sich deshalb um eine sachgerechte Maßnahme zur alsbaldigen Beendigung der von der Klägerin (Vermieterin) beanstandeten Gebrauchsüberlassung an die Beklagten zu 2 und 3 (Untermieter).


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III. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil des Beklagten zu 1 (Mieter) entschieden worden ist. Es ist daher in diesem Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 BGB). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.


BGH, Urteil vom 4. Dezember 2013

- VIII ZR 5/13 -


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