Tel. 040 - 555 99 999 Fax: 040 - 34 54 88
Bundesgerichtshof Entscheidungen
Fehlende Zahlung der Prozesskosten eines früheren Räumungsprozesses durch den Mieter kein Kündigungsgrund - VIII ZR 267/09 -
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Juli 2010 entschieden, dass ein Vermieter einen Wohnraummietvertrag nicht deshalb kündigen kann, weil der Mieter die Prozesskosten eines früheren, auf Zahlungsverzug gestützten Räumungsprozesses nicht begleicht.
Der Beklagte (Mieter) hat von der Klägerin (Vermieterin) eine Wohnung in Lüneburg angemietet. Die Miete wird jedenfalls zurzeit von der ARGE (Arbeitsgemeinschaft des kommunalen Trägers und der Agentur für Arbeit für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II) für den Mieter bezahlt.
Im Dezember 2006 kündigte die Vermieterin wegen eines erheblichen Zahlungsrückstands das Mietverhältnis fristlos und erhob anschließend Räumungsklage. Innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB* wurden die Mietrückstände von der ARGE beglichen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und dem Mieter die Prozesskosten auferlegt wurden.
Der Mieter hat diese Kosten bislang nicht gezahlt. Im November 2008 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis erneut mit der Begründung, der Mieter habe seine Pflichten aus dem Mietverhältnis schuldhaft verletzt, indem er u. a. die aus dem ursprünglichen Räumungsprozess entstandenen Kosten nicht beglichen habe.
Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Vermieterin abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte keinen Erfolg.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die unterbliebene Zahlung der in dem früheren Räumungsprozess angefallenen Prozesskosten weder eine ordentliche noch eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt.
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Wohnraum nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB** nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, z. B. wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB**).
Zwar verletzt der Mieter, der die ihm auferlegten Kosten aus einem früheren, auf Zahlungsverzug gestützten Räumungsprozess nicht begleicht, seine Pflichten aus dem Mietvertrag.
Diese Pflichtverletzung erreicht jedoch nicht die vom Gesetz für eine Kündigung vorausgesetzte Erheblichkeitsschwelle. Denn bei der Beurteilung der Erheblichkeit darf die in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zum Ausdruck gekommene Wertung des Gesetzgebers nicht außer Acht gelassen werden.
Nach der genannten Vorschrift wird eine auf Zahlungsverzug gestützte außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB***) unwirksam, wenn der Vermieter bis spätestens zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Ziel der Regelung ist es, die Obdachlosigkeit des Mieters zu vermeiden. Mit dieser Intention ist es nicht zu vereinbaren, wenn zwar die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs aufgrund einer von der Sozialhilfebehörde innerhalb der Schonfrist herbeigeführten Befriedigung des Vermieters unwirksam wird, jedoch dem Vermieter die Möglichkeit verbliebe, das Mietverhältnis gleichwohl erneut zu kündigen, weil der Mieter wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die Prozesskosten des erledigten Räumungsrechtsstreits zu begleichen.
Aus den gleichen Erwägungen stellt die unterbliebene Bezahlung der Prozesskosten auch keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB*** dar.
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
*§ 569 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
…
(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:
1. …
2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. …
** § 573 Ordentliche Kündigung des Vermieters
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. …
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2. …
***§ 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. …
2. …
3. der Mieter
a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.
…
BGH, Urteil vom 14. Juli 2010
VIII ZR 267/09 -
Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 147/2010
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
Langfassung der Entscheidung:
BGB § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 3 Nr. 2
Ein Vermieter, dessen außerordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs des Mieters deswegen unwirksam geworden ist, weil er hinsichtlich der Mietrückstände und der fälligen Entschädigung (§ 546a BGB) binnen zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage von einer öffentlichen Stelle befriedigt worden ist, kann eine erneute Kündigung des Mietverhältnisses regelmäßig nicht darauf stützen, dass der zahlungsunfähige Mieter nicht auch die im erledigt erklärten Räumungsprozess angefallenen Verfahrenskosten ausgeglichen hat.
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 16. September 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
Sachverhalt (Tatbestand):
Der Beklagte mietete mit Vertrag vom 15. November 2005 ein Wohnhaus der Klägerin (Vermieterin) in L. zu einer monatlichen Nettomiete von 530 € zuzüglich Nebenkosten an. Die Nebenkostenvorauszahlungen belaufen sich derzeit auf 50 € monatlich. Zurzeit wird die Miete von der ARGE Arbeit und Grundsicherung für den Landkreis L. (im Folgenden: ARGE) bezahlt.
Im Dezember 2006 kündigte die Klägerin (Vermieterin) wegen eines Zahlungsrückstands in Höhe von 4.290 € das Mietverhältnis fristlos und erhob anschließend Räumungsklage. Die Mietrückstände wurden von der ARGE innerhalb der Zweimonatsfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ausgeglichen. Im Hinblick auf die hierdurch eingetretene Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung erklärten die Parteien den Räumungsrechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die ihm vom Amtsgericht auferlegten Prozesskosten in Höhe von 1.620,66 € bezahlte der Beklagte (Mieter) nicht. Eine von der Klägerin (Vermieterin) betriebene Zwangsvollstreckung verlief bislang erfolglos. Der Beklagte (Mieter) hat zwischenzeitlich die eidesstattliche Versicherung abgegeben.
Zusätzlich zu den Prozesskosten im vorangegangenen Räumungsstreit sind der Klägerin (Vermieterin) im August 2008 Kosten für die am 11. August 2008 in Auftrag gegebene außergerichtliche Geltendmachung der Augustmiete entstanden. Die von der ARGE übernommene Mietzahlung für August 2008 war nicht - wie im Mietvertrag vereinbart - bis zum dritten Werktag bei der Klägerin (Vermieterin) eingegangen. Im Auftrag der Klägerin (Vermieterin) mahnte ihr Prozessbevollmächtigter mit Anwaltsschreiben vom 13. August 2008 die Zahlung der Augustmiete an. Diese war jedoch bereits am 11. August 2008 auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben worden.
Mit Anwaltsschreiben vom 13. November 2008 kündigte die Klägerin (Vermieterin) das Mietverhältnis fristgemäß zum 28. Februar 2009 mit der Begründung, der Beklagte (Mieter) habe seine Pflichten aus dem Mietverhältnis schuldhaft verletzt, indem er die Mieten für März 2008 und August 2008 verspätet erbracht und zudem die aus dem ursprünglichen Räumungsprozess entstandenen Kosten nicht beglichen habe, die durch Zinsen und Vollstreckungskosten zum 13. November 2008 auf 2.137,38 € angewachsen seien. Außerdem habe er die Nebenkostenabrechnungen für 2006 und 2007 erst nach mehrfachen Aufforderungen verspätet entrichtet.
Der Beklagte (Mieter) hat der Kündigung widersprochen. Die Klägerin (Vermieterin) hat daraufhin Räumungsklage erhoben und zugleich Erstattung angefallener außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 84,54 € (für das Mahnschreiben vom 13. August 2008) und von weiteren 603,93 € (für das Kündigungsschreiben vom 13. November 2008) - jeweils nebst Zinsen - verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. In ihrer hiergegen gerichteten Berufung hat die Klägerin (Vermieterin) ihre Räumungsklage zusätzlich damit begründet, dass die unterbliebene Zahlung der Prozesskosten aus dem vorangegangenen Räumungsprozess und die verspäteten Mietzahlungen auch eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigten. Das Rechtsmittel der Klägerin (Vermieterin) hatte nur in Höhe von 84,54 € nebst Zinsen Erfolg. Hinsichtlich des Räumungsbegehrens und des Zahlungsverlangens in Höhe von 603,93 € zuzüglich Zinsen hat das Landgericht das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Hiergegen wendet sich die Klägerin (Vermieterin) mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die unterbliebene Zahlung der im vorangegangenen Räumungsprozess entstandenen Prozesskosten rechtfertige weder eine fristlose Kündigung nach § 543 ZPO noch eine ordentliche Kündigung nach § 573 BGB. Ein Fall des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB liege nicht vor, weil es sich bei den geschuldeten Prozesskosten nicht um Mietschulden im Sinne dieser Vorschrift handele. Auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 BGB seien nicht erfüllt. Denn der Beklagte (Mieter) habe keine Zahlungen verweigert, sondern sei nur finanziell zum Ausgleich der Prozesskosten nicht in der Lage gewesen. Zudem lasse die ausgebliebene Erstattung der Prozesskosten nicht erwarten, dass bei Fortsetzung des Mietverhältnisses mietvertragliche Zahlungsverpflichtungen in Zukunft nicht erfüllt würden, zumal die Miete von der ARGE entrichtet werde.
Ein Grund für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB liege ebenfalls nicht vor. Die Verpflichtung zur Erstattung von Prozesskosten aus einem vorangegangenen Räumungsstreit stelle keine von der genannten Bestimmung erfasste Vertragspflicht aus dem Mietverhältnis dar. Auf den Mietrückstand, der zur fristlosen Kündigung vom Dezember 2006 geführt habe, dürfe nicht abgestellt werden. Denn diese Vertragsverletzung habe mit der Begleichung der Miete innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB geendet. Mit dem Nachholrecht des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB sei es nicht vereinbar, wenn die unterbliebene Begleichung der Prozesskosten aus einem für erledigt erklärten Rechtsstreit als ausreichender Grund für eine anschließende ordentliche Kündigung anzusehen sei. Die genannte Regelung diene dem Schutz des Mieters von Wohnraum vor fristlosen Kündigungen. Diesem Schutzzweck würde nicht ausreichend Genüge getan, wenn allein die unterbliebene Bezahlung der Kosten aus einem erledigten Räumungsprozess wiederum eine neue Kündigung rechtfertigte. Hierbei dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die fällige Forderung im Sinne des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zum Schutz des Mieters oftmals durch Dritte (hier durch die ARGE) ausgeglichen werde.
Die zweimalige unpünktliche Zahlung der Miete und die verspätete Begleichung der Nebenkostennachforderungen für die Jahre 2006 und 2007 reichten ebenfalls nicht für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 543 BGB oder für eine ordentliche Kündigung nach § 573 BGB aus. Eine lediglich gelegentliche und damit nicht nachhaltige Zahlungsunpünktlichkeit führe nicht zu einer - in § 543 Abs. 1 BGB vorausgesetzten - Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Die Fristüberschreitungen seien zudem überwiegend von kurzer Dauer gewesen. Weiter müsse berücksichtigt werden, dass die unpünktlichen Zahlungen durch die ARGE erfolgt seien. Schließlich sei auch eine nach § 543 Abs. 3 BGB erforderliche Abmahnung nicht erfolgt. Das geschilderte Zahlungsverhalten reiche auch nicht aus, um ein berechtigtes Interesse der Klägerin (Vermieterin) an einer ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zu begründen, zumal es insoweit an einer Abmahnung fehle.
Da die mit Anwaltsschreiben vom 13. November 2008 ausgesprochene Kündigung unwirksam sei, könne die Klägerin (Vermieterin) auch nicht die hierdurch veranlassten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 603,93 € erstattet verlangen.
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision der Klägerin (Vermieterin) ist daher zurückzuweisen.
Soweit das Berufungsgericht der Klägerin (Vermieterin) im Hinblick auf die verspäteten Mietzahlungen in den Monaten März und August 2008 sowie wegen des verzögerten Ausgleichs der Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 (47,35 € bzw. 52,34 €) ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB und zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB abgesprochen hat, greift dies die Revision nicht an. Sie wendet sich lediglich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die unterbliebene Bezahlung der im früheren Räumungsprozess angefallenen und vom Beklagten (Mieter) zu tragenden Prozesskosten rechtfertige weder eine ordentliche noch eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die am 13. November 2008 ausgesprochene ordentliche (fristgemäße) Kündigung (§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) auch insoweit für unwirksam erachtet, als sie auf die unterbliebene Zahlung im vorangegangenen Räumungsstreit angefallener Prozesskosten gestützt wird. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das Vorliegen eines in der Berufungsbegründung vom 23. Juni 2009 aus diesem Sachverhalt abgeleiteten wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung (§ 543 Abs. 1 BGB) verneint.
1. Nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches Interesse liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung in diesem Sinne kann unter anderem dann gegeben sein, wenn der Mieter mit der Zahlung der Miete oder der Betriebskosten in Höhe eines Betrages, der die Bruttomiete für zwei Monate erreicht, über einen Zeitraum von mehr als zwei Zahlungsterminen hinweg in Verzug gerät (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428, Tz. 9; vom 28. November 2007 - VIII ZR 145/07, NJW 2008, 508, Tz. 14; vom 13. Juli 2010 - VIII ZR 129/09, unter B II 1). Denn der Gesetzgeber sieht hierin sogar eine erhebliche Pflichtverletzung, die die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter regelmäßig als unzumutbar erscheinen lässt und diesem daher das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB eröffnet (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2006, aaO).
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Beklagte (Mieter) war zwar zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vom 13. November 2008 mit einem - die Miete für zwei Monate weit übersteigenden - Betrag in Höhe von 2.137,38 € in Verzug geraten. Die Verbindlichkeit des Beklagten (Mieter) resultiert aber nicht aus unvollständigen oder ausgebliebenen Mietzahlungen. Sie ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass der Beklagte (Mieter) die vom ihm aufgrund des vorangegangenen Räumungsprozesses zu tragenden Verfahrenskosten von ursprünglich 1.620,66 € nicht beglichen und sich diese Verbindlichkeit zum 13. November 2008 um Vollstreckungskosten und Zinsen auf insgesamt 2.137,38 € erhöht hat. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, rechtfertigt der unterbliebene Ausgleich dieser Forderung unter den gegebenen Umständen keine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
a) Nach der Bestimmung des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht ein berechtigtes Interesse des Vermieters an einer fristgemäßen Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Sie setzt damit die Verletzung einer aus dem Mietverhältnis resultierenden Haupt- oder Nebenpflicht voraus (vgl. hierzu Staudinger/Rolfs, BGB (2006), § 573 Rdnr. 32; Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 573 Rdnr. 13 i.V.m. § 535 Rdnr. 70 - 86; MünchKommBGB/ Häublein, 5. Aufl., § 573 Rdnr. 52 f.; Bamberger/Roth/Hannappel, BGB, 2. Aufl., § 573 Rdnr. 20; Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 573 Rdnr. 9; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl. § 573 BGB Rdnr. 11; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 573 Rdnr. 10, 11; Schmid/Gahn, Mietrecht, § 573 BGB Rdnr. 15). Anders als das Berufungsgericht meint, scheitert die Kündigung der Klägerin (Vermieterin) vom 13. November 2008 jedoch nicht bereits daran, dass die unterbliebene Bezahlung der im zwischenzeitlich erledigten Räumungsrechtsstreit entstandenen Prozesskosten nicht als mietvertragliche Pflichtverletzung zu werten sei.
(1) Die vorliegende Fallgestaltung ist - soweit ersichtlich - bislang in Rechtsprechung und in Literatur nicht näher erörtert worden. Instanzrechtsprechung und Schrifttum haben sich aber mit der vergleichbaren Fragestellung befasst, ob die unterbliebene Erstattung der im früheren Räumungsprozess angefallenen und vom Mieter aufgrund eines Prozessvergleichs zu tragenden Verfahrenskosten eine Verletzung mietvertraglicher Pflichten darstellt (vgl. hierzu LG Duisburg, WuM 1992, 189 f.). Diese Problematik wird unterschiedlich beurteilt. Während das Landgericht Duisburg und ihm folgend Staudinger/Rolfs (aaO, Rdnr. 36) in einem solchen Verhalten regelmäßig keine Verletzung mietvertraglicher Pflichten sehen, hält Häublein in diesen Fällen den Anwendungsbereich des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, hilfsweise der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB, für eröffnet (MünchKommBGB, aaO, Rdnr. 57 i.V.m. Fn. 9).
(2) Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug. Wenn - wie hier - die vom Beklagten (Mieter) zu tilgende Verbindlichkeit dadurch entstanden ist, dass er mit seiner Mietzahlungspflicht in Verzug geriet und hierdurch die Klägerin (Vermieterin) zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses und anschließend zur Erhebung einer Räumungsklage veranlasste, so sind die dabei angefallenen Prozesskosten Teil des durch die unterbliebenen Mietzahlungen verursachten Verzugsschadens (§ 280 Abs. 2, § 286 BGB; vgl. hierzu auch Blank/Börstinghaus, aaO, § 569 Rdnr. 51). Die Verpflichtung zur Tragung der durch den Räumungsprozess verursachten Kosten steht damit in innerem Zusammenhang mit dem Mietverhältnis. Die - zwischenzeitlich behobene - Verletzung der Mietzahlungspflicht setzt sich in der unterbliebenen Erstattung der im früheren Räumungsverfahren entstandenen Prozesskosten fort. Stellte man mit der Revisionserwiderung ausschließlich darauf ab, dass die rechtlichen Folgen des Verzugs in einer gesetzlichen Bestimmung (§ 286 BGB) und nicht im Mietvertrag selbst geregelt sind, würde man den aufgezeigten rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang zwischen Mietzahlungspflicht und Verzugsfolgen außer Acht lassen und einen einheitlichen natürlichen Lebenssachverhalt ohne zwingenden Grund in Teilaspekte aufspalten (vgl. auch Staudinger/Rolfs, aaO, Rdnr. 32, der Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen zu den von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfassten Pflichtverletzungen zählt). Die innere Verknüpfung zwischen Hauptverbindlichkeit und hierauf zu zahlenden Zinsen und Kosten wird letztlich auch durch die allgemeine Vorschrift des § 367 Abs. 1 BGB bestätigt, die solche Verbindlichkeiten zu einer einheitlichen Schuld ("ganze Schuld") zusammenfasst. Dass die Kostentragungspflicht des Beklagten (Mieters) nicht nur auf § 280 Abs. 2, § 286 BGB, sondern auch auf einer gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 91a ZPO beruht, ändert an deren Einordnung als mietvertragliche Pflicht ebenfalls nichts. Denn ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch verdrängt einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenersatz nicht (vgl. etwa Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., Vor § 91 Rdnr. 11 m.w.N).
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
b) Gleichwohl ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass der unterbliebene Ausgleich der Prozesskosten unter Abwägung der Gesamtumstände keine Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 2 Abs. 1 BGB rechtfertigt. Die Beurteilung, ob die Pflichtverletzung des Beklagten (Mieters) die Erheblichkeitsschwelle des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erreicht und damit ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 573 Abs. 1 BGB begründet, darf - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht losgelöst von der in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers erfolgen.
(1) Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine auf einen Zahlungsverzug gestützte außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) unwirksam werden, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB). Mit dieser Sonderregelung verfolgt der Gesetzgeber das im allgemeinen Interesse liegende Ziel, eine Obdachlosigkeit finanziell schwacher Mieter zu vermeiden (vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 64). Um den Sozialhilfebehörden ein hierauf gerichtetes Tätigwerden zu erleichtern, hat er die schon in der Vorgängerregelung des § 554 Abs. 2 BGB aF vorgesehene Schonfrist für die Nachholung der Zahlung der rückständigen Miete und der fälligen Nutzungsentschädigung um einen Monat verlängert (BT-Drs. 14/4553, aaO).
(2) Mit dieser Intention des Gesetzgebers wäre es nicht zu vereinbaren, wenn zwar eine berechtigte außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs aufgrund einer von der Sozialhilfebehörde innerhalb der Schonfrist herbeigeführten Befriedigung des Vermieters nachträglich unwirksam wird, jedoch dem Vermieter die Möglichkeit verbliebe, das Mietverhältnis gleichwohl erneut zu kündigen, weil der Mieter wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die Prozesskosten des erledigten Räumungsrechtsstreits zu begleichen. Denn der Gesetzgeber hat die Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB nur von dem Ausgleich der Mietrückstände und der Zahlung der fälligen Nutzungsentschädigung, nicht aber darüber hinaus von der Bezahlung angefallener Verzugszinsen oder Prozesskosten abhängig gemacht (vgl. hierzu etwa MünchKommBGB/Häublein, aaO, § 569 Rdnr. 31 f.; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 569 Rdnr. 19; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 569 BGB Rdnr. 38; Blank/Börstinghaus, aaO, Rdnr. 48 m.w.N.; LG Ber-lin, MDR 1989, 357; vgl. ferner Staudinger/Emmerich, aaO, § 569 Rdnr. 42 m.w.N., sowie - für Verzugszinsen - LG Berlin, ZMR 1989, 94). Hierdurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass aus seiner Sicht dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auch dann zuzumuten ist, wenn seine im Zusammenhang mit dem Zahlungsverzug entstandenen sonstigen Forderungen nicht oder nicht in voller Höhe befriedigt werden. Dieser gesetzgeberischen Wertung muss bei der Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse zur Kündigung im Sinne von § 573 Abs. 1 BGB vorliegt, oder ob eine Pflichtverletzung des Mieters als nicht unerheblich einzustufen ist (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), Rechnung getragen werden. Denn andernfalls würde das vom Gesetzgeber anstrebte Ziel, einer Obdachlosigkeit finanziell schwacher Mieter entgegen zu wirken, unterlaufen.
(3) Ein wirtschaftlich nicht leistungsfähiger Mieter, der zur Herbeiführung der Unwirksamkeit einer auf Zahlungsverzug gestützten außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses auf das Eingreifen der Sozialhilfebehörden angewiesen ist, wird in den meisten Fällen nicht in der Lage sein, die im Räumungsprozess angefallenen Kosten zu tragen. Die Sozialhilfebehörden werden diese Verbindlichkeiten regelmäßig ebenfalls nicht begleichen, weil der Gesetzgeber in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses nur vom Ausgleich der rückständigen Miete und der fälligen Nutzungsentschädigung abhängig macht. Wenn man dem Vermieter in dieser Situation das Recht zugesteht, allein wegen der offenen Prozesskosten das Mietverhältnis ordentlich oder erneut außerordentlich zu kündigen, würde ihm hierdurch die Möglichkeit eröffnet, die vom Gesetzgeber zur Vermeidung der Obdachlosigkeit des Mieters getroffenen Vorkehrungen zu umgehen und die Auflösung des Mietverhältnisses ausschließlich aus Gründen zu erreichen, die der Gesetzgeber nur für eingeschränkt schutzwürdig erachtet hat.
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
(4) Einer Berücksichtigung der mit der Bestimmung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB verfolgten Intention des Gesetzgebers steht auch nicht die Rechtsprechung des Senats zur Unanwendbarkeit dieser Bestimmung auf eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegen. Der Senat hat mit Urteil vom 16. Februar 2005 (VIII ZR 6/04, WuM 2005, 250, unter II 2) entschieden, dass in den Fällen, in denen ein Vermieter ein Wohnraummietverhältnis nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB wegen Zahlungsverzugs des Mieters fristlos und hilfsweise auch fristgemäß nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigt, der nachträgliche Ausgleich der Rückstände innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zwar die fristlose Kündigung unwirksam werden lässt, nicht aber ohne weiteres auch die daneben ausgesprochene fristgemäße Kündigung. Vorliegend steht aber nicht die Gleichbehandlung einer ordentlichen Kündigung mit einer außerordentlichen Kündigung bei nachträglicher Befriedigung des Vermieters innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB in Frage, sondern die hiervon zu unterscheidende Konstellation, ob ein nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB fortgesetztes Mietverhältnis durch eine erneute Kündigung beendet werden kann, die allein auf Zahlungsrückstände gestützt wird, deren Begleichung der Gesetzgeber gerade nicht zur Bedingung für die zuvor erfolgte Fortführung des Mietverhältnisses gemacht hat (vgl. hierzu auch LG Berlin, GE 1994, 399, 401 für den Fall einer ordentlichen Kündigung, die nach Unwirksamwerden einer außerordentlichen Kündigung ausgesprochen und ebenfalls auf den - zwischenzeitlich geheilten - Zahlungsverzug gestützt worden ist).
(5) In Anbetracht der aufgezeigten Zielsetzungen und Wertungen des Gesetzgebers kommt dem unterbliebenen Ausgleich der im erledigten Räumungsstreit entstandenen, zum Zeitpunkt der Kündigung auf 2.137,38 € angewachsenen Prozesskostenforderung nicht das erforderliche Gewicht für eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. Die in der ausgebliebenen Zahlung der Rechtsverfolgungs- und Zwangsvollstreckungskosten liegende Pflichtverletzung übersteigt unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage und der vom Gesetzgeber anerkannten Schutzbedürftigkeit des auf staatliche Transferleistungen angewiesenen Mieters nicht die Schwelle einer unerheblichen Pflichtverletzung. Aus denselben Gründen fehlt es an einem berechtigten Interesse für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 BGB.
3. Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise auch für den von der Klägerin (Vermieterin) in der Berufungsbegründung vom 23. Juni 2009 angeführten Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB. Denn angesichts der aufgezeigten gesetzgeberischen Zielsetzungen und Wertungen macht der Umstand, dass der zahlungsunfähige Mieter nicht in der Lage ist, die Prozesskosten des früheren Räumungsrechtsstreits zu tragen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter nicht unzumutbar. Infolge der Übernahme der Mietverbindlichkeiten durch die ARGE ist der Vermieter hinreichend vor weiteren Zahlungsausfällen geschützt. Auf die zusätzlich vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen, wonach im Rahmen des § 543 Abs. 1 BGB zwischen einer (bloßen) Zahlungsunfähigkeit des Mieters und einer Zahlungsverweigerung zu unterscheiden sei, kommt es daher nicht an. Da ein hinreichender Grund für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB nicht vorliegt, kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin (Vermieterin) in der Berufungsbegründung zusätzlich eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen hat oder ob ihre zu § 543 Abs. 1 BGB angestellten Erwägungen lediglich zur Untermauerung einer Pflichtverletzung im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dienen sollten. Keiner Klärung bedarf auch die Frage, ob die allgemeine Regelung des § 314 Abs. 3 BGB, wonach eine Kündigung aus wichtigem Grund innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund auszusprechen ist, auch auf außerordentliche Kündigungen eines Wohnraummietverhältnisses anzuwenden ist (offen gelassen im Senatsurteil vom 11. März 2009 - VIII ZR 115/08, NZM 2009, 314, Tz. 17; bejaht für Gewerberaummiet-verhältnisse vom XII. Zivilsenat, Urteil vom 21. März 2007 - XII ZR 36/05, NJW-RR 2007, 886, Tz. 21).
4. Da die mit Anwaltsschreiben vom 13. November 2008 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist, ist der Beklagte auch nicht nach § 280 Abs. 1, Abs. 2, §§ 286, 288 Abs. 4, § 249 Abs. 1 BGB zur Zahlung der hierdurch veranlassten Anwaltskosten in Höhe von 603,93 € verpflichtet.
BGH, Urteil vom 14. Juli 2010
- VIII ZR 267/09 -
Zum Seitenanfang - Übersicht -
Zum Seitenende - Übersicht nur zum Mietrecht
Anmerkung:
Das Urteil überzeugt nicht. Der von dem VIII. Zivilsenat seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Wille des Gesetzgebers, die Obdachlosigkeit finanziell schwacher Mieter zu vermeiden, kann ohne Eingriff in das durch Art. 14 des Grundgesetzes verbürgte Eigentumsrecht trotz aller sozialen Verpflichtung des Eigentums nicht so weit ausgelegt werden, dass dem Vermieter einer Wohnung dauerhaft und ohne jegliches eigenes Zutun erhebliche finanzielle Opfer zugemutet werden, gegen die er sich dann praktisch nicht mehr wehren kann.
Größere Vermietungsgesellschaften sind durchaus in der Lage, die Kosten eines Räumungsrechtsstreits für eine Wohnung durch die Mieteinkünfte zahlreicher anderer Wohnungen aufzufangen. Für den privaten Vermieter einer Eigentumswohnung allerdings ist dies nicht möglich. Es ist ihm schlichtweg nicht zuzumuten, dauerhaft an einem Mieter festhalten zu müssen, der seiner Pflicht zur Erstattung der Prozesskosten nicht nachkommt. Dies insbesondere schon deswegen nicht, weil er Gefahr läuft, dass sich das kostenträchtige Procedere eines Räumungsrechtsstreits mit demselben Mieter nach Ablauf von 2 Jahren wiederholen könnte.
Jedenfalls die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses sollte dem Vermieter in derartigen Fällen der ausbleibenden Prozesskostenerstattung möglich sein. Das berechtigte Interesse des Vermieters i.S.d. § 573 Abs. 1 BGB an einer ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses muss im Falle ausbleibender Zahlungen, zu denen der Mieter gesetzlich verpflichtet und gerichtlich verpflichtet worden ist, bejaht werden.
Insbesondere die Argumentation des BGH, derzufolge eine Berücksichtigung der mit der Bestimmung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB verfolgten Intention des Gesetzgebers auch nicht die Rechtsprechung des Senats zur Unanwendbarkeit dieser Bestimmung auf eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegenstehe, ist nicht plausibel. Wenn die (später nachentrichteten) ausbleibenden Mietzahlungen eines Mieters den Vermieter zur ordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses berechtigen können, so wäre die Gefahr der Obdachlosigkeit finanziell schwacher Mieter dabei genauso groß wie im Fall einer ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund einer nicht geleisteten Erstattung der dem Mieter auferlegten Kosten eines Räumungsrechtsstreits.
Sollten Sie Fragen zu der Entscheidung haben und hierzu eine telefonische Rechtsberatung wünschen, rufen Sie uns gern an !
Tel. 040 - 555 99 999
Zum Seitenanfang - Übersicht -