Bundesgerichtshof Entscheidungen

Keine Unwirksamkeit der Betriebskostenabrechnung aus formellen Gründen bei (vertragswidriger) Abrechnung von Betriebskosten mangels Umlagevereinbarung - VIII ZR 240/10 -


Der unter anderem für das Wonraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Mai 2011 folgende Entscheidung verkündet:

BGB § 556 Abs. 3

a) Die (vertragswidrige) Abrechnung von Betriebskosten, für die es an einer Umlagevereinbarung fehlt oder für die eine Pauschale vereinbart ist, führt nicht zur Unwirksamkeit der Betriebskostenabrechnung aus formellen Gründen.

b) Das Gleiche gilt für in der Abrechnung zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen oder den Ansatz von Soll- statt Ist-Vorauszahlungen.


Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2. September 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen


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Sachverhalt (Tatbestand):

Die Parteien streiten über die Nachforderung des Klägers (Vermieters) aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005. Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung des Klägers (Vermieters) in K. . Der Mietvertrag vom 24. August 1995 sieht für Betriebskosten eine monatliche Pauschale von 40 DM (20,45 €) und für Heiz- und Warmwasserkosten monatliche Vorauszahlungen von 100 DM (51,13 €) vor.


Der Kläger (Vermieter) fordert für das Abrechnungsjahr 2005 eine Nebenkostennachzahlung gemäß Abrechnung vom 31. Oktober 2006 in Höhe von 1.247,56 €. Die der Nebenkostenabrechnung beigefügte Einzelabrechnung der Ista weist für die Beklagte (Mieterin) unter Ziffer 1 Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 1.721,74 € und unter Ziffer 2 als "Hausnebenkosten" Kosten für Abwasser und Kaltwasser in Höhe von 550,90 € aus; hieraus ergeben sich Gesamtkosten von 2.272,64 €. Die übrigen Betriebskosten (Hauswart, Grundsteuer, Versicherungen, Müllabfuhr usw.) sind in der Nebenkostenabrechnung gesondert abgerechnet.


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Der danach von der Beklagten (Mieterin) zu tragende Anteil beläuft sich auf 661,18 €; da Vorauszahlungen in Höhe von 865,13 € berücksichtigt sind, endet die Abrechnung dieser Betriebskosten mit einem Guthaben der Beklagten (Mieterin) von 203,95 €. Bezüglich der Heiz- und Wasserkosten hat der Kläger (Vermieter) den in der Ista-Abrechnung für die Beklagte (Mieterin) ausgewiesenen Betrag von 2.272,64 € übernommen und hiervon Vorauszahlungen in Höhe von 821,13 € sowie das Guthaben von 203,95 € aus der Abrechnung der übrigen Betriebskosten abgesetzt, so dass sich ein Saldo von 1.247,56 € ergibt.


Der Kläger (Vermieter) nimmt die Beklagte (Mieterin) auf Zahlung von 1.247,56 € nebst Zinsen in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers (Vermieters) zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger (Vermieter) sein Klagebegehren weiter.


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Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Nebenkostenabrechnung vom 31. Oktober 2006, aus der der Kläger (Vermieter) seinen Nachzahlungsanspruch herleite, sei bereits aus formellen Gründen unwirksam. Grundsätzlich müsse eine Abrechnung die Gesamtkosten, den Verteilungsschlüssel, die Berechnung des Anteils der einzelnen Mieter und die Vorauszahlungen enthalten. Zudem müsse sie klar, übersichtlich und aus sich heraus für einen juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter mit durchschnittlichem Verständnisvermögen nachvollziehbar sein. Die Nebenkostenabrechnung sei hier in der Gesamtschau nicht nachvollziehbar.


Zwar stelle die Vertragswidrigkeit hinsichtlich der durch eine Pauschale abgegoltenen Betriebskosten lediglich einen inhaltlichen Fehler der Abrechnung dar. Dies gelte jedoch nur dann, wenn die vertragswidrigen Angaben nicht zur Unverständlichkeit der Abrechnung führten. Hier enthalte die Nebenkostenabrechnung nicht nur vertragswidrig auch die gesamten Betriebskosten, obwohl diese - unstreitig - mit einer Pauschale abgegolten seien, sondern sie enthalte unter dem Begriff der "Heiz-/Wasserkosten" auch noch die Hausnebenkosten, die die Beklagte (Mieterin) ebenfalls nicht schulde. Ferner seien die Betriebskostenvorauszahlungen vertragswidrig auf die Heiz-/Wasserkosten angerechnet worden.


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Unter dem Begriff "Vorauszahlung" seien zudem nur die Soll-Vorauszahlungen aufgeführt worden, deren Höhe anhand der mietvertraglichen Regelung nicht nachvollziehbar sei. Es sei bereits fraglich, ob ein juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulter Mieter noch erkennen könne, dass er an den aufgelisteten Betriebskosten aufgrund der Pauschalvereinbarung nicht zu beteiligen sei und dass die aufgrund der Pauschalvereinbarung geleisteten Zahlungen nicht zur Tilgung der Heiz- und Warmwasserkosten herangezogen werden könnten. Mit seinen Ausführungen zur Erhöhung der Vorauszahlungen sei der Kläger (Vermieter) gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Eine mögliche Nachbesserung durch den Schriftsatz des Klägers (Vermieters) vom 6. November 2008 müsse bereits wegen der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 BGB außer Betracht bleiben.

Die Unwirksamkeit der Nebenkostenabrechnung habe zur Folge, dass die Frage nach einem möglichen Einwendungsausschluss dahinstehen könne.


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II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Anspruch des Klägers (Vermieters) auf Nachzahlung von Nebenkosten in Höhe von 1.247,56 € nicht verneint werden. Das Berufungsgericht verkennt, dass inhaltliche Mängel der Abrechnung (zu Unrecht angesetzte Kosten, Fehler bei den Vorauszahlungen) die Nachvollziehbarkeit der Rechnungslegung nicht beeinträchtigen, und überspannt damit die (formellen) Anforderungen an die Abrechnung.


1. Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die Abrechnung des Klägers (Vermieters) schon deshalb für - insgesamt - unwirksam, weil sie auch Kosten enthält, die wegen einer im Mietvertrag insoweit vereinbarten Pauschale nicht abzurechnen waren.


a) Die Abrechnung von Betriebskosten, für die es an einer Umlagevereinbarung fehlt, stellt nach der Rechtsprechung des Senats (nur) einen inhaltlichen Fehler dar (Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81 Rn. 24 f.). Das Gleiche gilt für den ähnlich gelagerten Fall, dass die Abrechnung - wie hier Betriebskosten enthält, für die eine Pauschale vereinbart ist (Senatsurteil vom 12. Januar 2011 - VIII ZR 148/10, NZM 2011, 240 Rn. 15).


Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine andere Beurteilung nicht deshalb geboten, weil die - nicht abzurechnenden - Kalt- und Abwasserkosten in der Heiz- und Wasserkostenabrechnung der Ista enthalten sind und die Abrechnung deshalb für einen durchschnittlichen Mieter nicht mehr nachvollziehbar wäre. Der Mieter kann anhand des Mietvertrags überprüfen, ob die ihm in Rechnung gestellten Betriebskosten nach den vertraglichen Vereinbarungen abrechenbar sind; dass er dazu den Mietvertrag zur Hand nehmen und die Abrechnung des Vermieters (hier einschließlich der Einzelabrechnung der Ista) auf die einzelnen Betriebskosten durchsehen muss, hat mit der Nachvollziehbarkeit der Abrechnung nichts zu tun.


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b) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht ferner davon aus, dass die Abrechnung des Klägers (Vermieters) auch bezüglich der Heiz- und Warmwasserkosten unwirksam sei, weil er vertragswidrig weitere Kosten abgerechnet habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats führen (formelle) Mängel, die nur einzelne Kostenpositionen betreffen, nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Abrechnung, wenn diese Positionen unschwer aus der Abrechnung herausgerechnet werden können (Senatsurteile vom 14. Februar 2007 - VIII ZR 1/06, NZM 2007, 244 Rn. 11; vom 22. September 2010 - VIII ZR 285/09, NZM 2010, 858 Rn. 42). Das Gleiche gilt für inhaltliche Mängel. Rechnet der Vermieter Kosten ab, für die eine Pauschale vereinbart ist, bleiben diese im Falle fristgemäßer Einwendung des Mieters unberücksichtigt; eine etwaige Nachforderung des Vermieters, die sich aus den übrigen Positionen ergibt, bleibt davon unberührt.


2. Ebenfalls von Rechtsirrtum beeinflusst ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Abrechnung des Klägers (Vermieters) nicht nachvollziehbar und deshalb aus formellen Gründen unwirksam sei, weil angesichts der im Mietvertrag vom 24. August 1995 vereinbarten Vorauszahlung auf die Heiz- und Warmwasserkosten (51,13 €) sowie der darin vorgesehenen Pauschale auf die Nebenkosten (20,45 €) nicht erkennbar wäre, wie sich die in der Abrechnung angesetzten Vorauszahlungen von 865,13 € und 821,13 € errechneten.


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Auf eine "Nachvollziehbarkeit" in dem vom Berufungsgericht erwogenen Sinne kommt es nicht an. Der Vermieter hat die Vorauszahlungen anzusetzen, die der Mieter für den Abrechnungszeitraum tatsächlich geleistet hat. Der vom Vermieter in der Abrechnung angesetzte Betrag bedarf schon deshalb keiner Erläuterung, weil der Mieter anhand seiner Unterlagen ohne weiteres nachprüfen kann, ob der Vermieter die geleisteten Zahlungen korrekt berücksichtigt hat.


Etwaige Fehler - zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen, Ansatz der Soll- statt der Ist-Vorauszahlungen - stellen (nur) materielle Fehler dar (Senatsbeschluss vom 23. September 2009 - VIII ZA 2/08, NJW 2009, 3575 Rn. 4, 6) und führen deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung aus formellen Gründen.


III. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Beklagte (Mieterin) materielle Fehler der Abrechnung innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 4 BGB gerügt hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


BGH, Urteil vom 18. Mai 2011

- VIII ZR 240/10 -


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